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Faszien – Das innere Netz

Hast du dich heute schon bewegt?

Also so richtig bewegt – nicht nur vom Schlafzimmer bis zur Kaffeemaschine?

Acht Stunden täglich am Schreibtisch zu sitzen und abends als Ausgleich auf dem Sofa Fingergymnastik mit der Fernbedienung zu machen – das entspricht nicht unserer artgerechten Menschenhaltung. Dafür sind unsere Körper nicht gemacht. Dennoch sitzen wir alle viel zu viel – so wie ich gerade, während ich diesen Beitrag schreibe. Kein Wunder also, dass sich Rückenschmerzen, Verspannungen und Inflexibilität wie ungebetene Gäste breitmachen. Dabei können wir unserem Körper so leicht etwas Gutes tun, ihn wieder in die Beweglichkeit und Entspannung führen. Und schon kleine Veränderungen im Alltag können viel bewirken.

Schauen wir einmal genauer hin.

Vernetzter Körper

Bei Kopfschmerzen nehmen wir eine Schmerztablette, bei Rückenschmerzen wird Physiotherapie verordnet und bei hohem Stresspegel empfiehlt die beste Freundin es mit Meditation zu versuchen. Das ist zwar keineswegs falsch oder verwerflich, aber wenn körperliche Symptome nur noch punktuell betrachtet und behandelt werden, geht der Blick auf die Zusammenhänge im Körper als Ganzes verloren. So kann es durchaus sein, dass der Kopfschmerz eigentlich seinen Ursprung im unteren Rücken hat und der Stresspegel im Alltag aufgrund von zu wenig Bewegung immer höher wird. Um die Perspektive dafür zu weiten, lohnt sich ein genauerer Blick.

Wenn wir unter die Lupe nehmen, was sich zwischen Haut und Knochen im Körper alles befindet, entdecken wir dort weit mehr als nur Organe, Muskeln und Blutbahnen. Die Zwischenschicht wird Bindegewebe genannt und besteht u.a. aus Knorpeln, Blut, Fettgewebe und Nervenbahnen. Wie der Name schon sagt: Es verbindet die Gewebestrukturen im Körper. Ein wesentlicher Teil des Bindegewebes sind die Faszien, die den gesamten Körper wie ein Netz aus elastischen Fasern durchziehen. Ihre Aufgabe ist es, die Stabilität im Körper zu erhalten, sowohl in dynamischen Bewegungen als auch beim Stehen, Sitzen oder Liegen. Sie durchdringen alle Körperregionen und helfen zudem mit, Informationen im Körper weiterzuleiten und zu verarbeiten.

 

Wie durch ein multidimensionales Netz verbinden die Faszien verschiedenste Bereiche im Körper miteinander. Vielleicht liegt darin auch die Erklärung, warum manchmal die Ursache der Schmerzen ganz woanders entstehen, als wir sie gerade spüren. Die größte und spannendste Faszie im Körper ist die Fascia thoracolumbalis, die sich im Lendenbereich des Rückens befindet. Sie umschließt mehrere Rückenmuskeln und spielt eine wesentliche Rolle bei der Stabilisierung des Rumpfes. Durch die Verbindung zu wichtigen Muskelgruppen ist sie für den Erhalt der Beweglichkeit im gesamten Oberkörper entscheidend. Diese zentrale Lage ist auch der Grund, dass häufig Verspannungen und Schmerzen im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich mit der Rückenfaszie verbunden sind. In vielen Fällen eine Folge von mangelnder Bewegung, falscher Belastung oder zu wenig Flexibilität.

Damit müssen wir uns aber nicht abfinden, denn es gibt viele Möglichkeiten, das Fasziengewebe gesund zu erhalten und gut zu pflegen.

Faszientherapie

Seit Anfang der 2000er-Jahre, als die italienische Forscherin Carla Stecco zum ersten Mal das Fasziengewebe genauer untersuchte, entwickelten sich verschiedene Therapie- und Bewegungsformen weiter, die auf der Ebene der Faszien wirken. Es sind sanfte Methoden, die sich die vernetzten Strukturen zunutze machen, um den Körper zurück in Gesundheit und Wohlbefinden zu führen. Bekannte Methoden für Körpertherapie sind z. B. Osteopathie, Rolfing und Feldenkrais, aber es haben sich auch Bewegungsformen entwickelt, die Menschen selbst praktizieren können, wie die Asanas im Yin Yoga, Qi Gong oder das Training mit Faszienrollen.

 

Der Nutzen dieser Methoden ist überzeugend:

  • Beweglichkeit und Körperhaltung verbessern, wieder flexibler durchs Leben bewegen, z. B. beim Schuhe anziehen
  • Schmerzen vorbeugen und lindern, z. B. in Rücken, Nacken und Schultern
  • Körperwahrnehmung verbessern und sich selbst besser spüren
  • Atmung und Verdauung optimieren
  • Wohlbefinden verbessern und ein Gefühl von Entspannung wecken

Glücklicherweise haben die Bewegungsforscher in den letzten Jahrzehnten erkannt, dass der Körper kein starrer Apparat ist, sondern ein miteinander verbundenes System, in dem alle Bereiche perfekt aufeinander abgestimmt sind.

Faszien in Form

Wer den Faszien etwas Gutes tun möchte, braucht aber nicht unbedingt Therapeuten. Schon mit wenig Zeit und etwas Muße lässt sich einiges unternehmen, um die Faszien gut zu pflegen. Man darf nicht vergessen: Die Faszien halten unseren Körper in Form, geben ihm Stabilität und Aufrichtung und sorgen für gesunde Verbindungen, da lohnt es sich doch, sich ihnen täglich zuzuwenden.

Tipps zur Faszienpflege

Regelmäßige körperliche Bewegung:
Einmal am Tag für fünf Minuten dehnen kann schon eine Verbesserung der Flexibilität im faszialen Gewebe bewirken.

Ausreichend trinken:
Faszien bestehen aus Gewebeschichten, deren Zwischenräume mit einer schleimigen Substanz gefüllt sind. Diese benötigt Wasser, um sich gut zu bewegen und flexibel übereinander zu gleiten.

Ausgewogene und gesunde Ernährung:
Werden zu viele säurebildende Lebensmittel verzehrt, kann die Säure nicht mehr ausgeschieden werden und lagert sich im Bindegewebe ab. Daher sollte der Fokus auf einer ausgewogenen, mineral- und nährstoffreichen Ernährung liegen, welches die Stabilität und Flexibilität des Fasziengewebes unterstützt.

Gesundes Gewicht einhalten:
Übergewicht kann myofasziale Schmerzen verursachen oder fördern, wie neue Studien zeigen. Das Schmerzsyndrom im Bewegungsapparat lässt sich auf verschiedene Ursachen zurückführen, die alle zu einer Überbelastung im Muskel führen und Schmerzen auslösen. Daher erleichtert ein gesundes Gewicht nicht nur die Beweglichkeit, sondern kann auch das myofasziale Schmerzsyndrom verbessern.

Emotionale Balance anstreben:
Faszien reagieren auf Botenstoffe, die mit emotionalem Stress zusammenhängen, deswegen führt zu viel emotionaler Stress häufig zu Verspannungen und Schmerzen. Das erklärt auch, warum wir emotionale Belastungen nicht nur mental, sondern buchstäblich körperlich spüren: Ungelöste Emotionen und Stress werden tief im Gewebe gespeichert.

Bewegung im Alltag

Unsere Körper sind von diesem faszinierenden Netzwerk durchzogen, welches uns nicht nur stabil und aufrecht hält, sondern auch beweglich und flexibel. Und es braucht keine ausgefallenen Übungen, um das Fasziengewebe gesund und in Form zu halten. Gerade kleine, alltägliche Bewegungen können eine große Wirkung auf unsere Faszien und unser Wohlbefinden haben. Anstatt den Tag mit stundenlangem Sitzen zu verbringen, kann es helfen, immer wieder kleine Pausen einzulegen. Stehe auf, gehe ein paar Schritte, dehne dich oder mache leichte Lockerungsübungen. Auch kurze Spaziergänge oder das Treppensteigen anstelle des Fahrstuhls sind einfache, aber effektive Möglichkeiten, den Körper zu aktivieren. Wichtig ist, dass Bewegung regelmäßig in den Alltag integriert wird – so bleibt der Körper geschmeidig und die Faszien bleiben in Form. Auch dem ganz natürlichen Impuls zu folgen, sich morgens zu recken und zu strecken oder tagsüber mal die Schultern und Arme zu lockern und schwingen zu lassen, ist schon ein guter Anfang. Kleine Schritte – große Wirkung. Deine Faszien werden es dir danken!

Autorin

Cäcilia Wallbrecher

Redakteurin Klösterl-Journal, Yoga-Lehrerin und Embodiment-Coach