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Solidarität: Ist mir alles nicht egal!

Man schlägt die Zeitung auf, schaut die Nachrichten im TV oder bewegt sich im Internet – sogleich wird man überhäuft mit Katastrophen, Krisen und Kriegen. Man fühlt sich hilflos und entmutigt, Pessimismus macht sich breit. Was kann ich überhaupt ausrichten? Die Welt ist doch wirklich einfach schlecht! So oder so eine ähnliche Situation haben wir vermutlich alle schon einmal erlebt. Ein Begriff, der in dieser Debatte dann oft fällt, ist „Solidarität“. Doch was bedeutet das genau? Und wie kann man danach handeln?

Der Begriff „Solidarität“ stammt vom lateinischen Wort „solidus“, also „gediegen, fest, echt“ sowie vom französischen „solidaire“, also „gemeinschaftlich“ und „füreinander Verantwortung haben“ ab. Zu Beginn war auch genau Letzteres seine Bedeutung. Im Römischen Reich bezeichnete sie im Schuldrecht eine gemeinsame Verpflichtung oder Haftung. Dabei hafteten beispielsweise mehrere Personen für eine bestimmte Schuld. War eine der Personen nicht in der Lage, ihren Anteil zu erfüllen, mussten die anderen einspringen und „solidarisch“ die Schuld übernehmen. Sie drückte dadurch eine gemeinschaftliche Verantwortung und gegenseitige Unterstützung in finanziellen Angelegenheiten aus, auf der Basis von Zusammenhalt und Unterstützung.

Eine besondere Bedeutung erfuhr die Solidarität dann im 19. und im 20. Jahrhundert im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung, als sich Arbeiter*innen in Verbünden und Gewerkschaften organisierten und durch ihre schiere Anzahl ihren Anliegen für mehr Rechte und Schutz Nachdruck verleihen konnten.

Definition und Bedeutung von Solidarität

Solidarität beschreibt laut Definition im Duden (besonders in Bezug auf die Bewegung der Arbeiter*innen) eine „auf das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Eintreten füreinander sich gründende Unterstützung“. Als zweite Definition wird die Solidarität beschrieben als ein „unbedingtes Zusammenhalten mit jemandem aufgrund gleicher Anschauungen und Ziele“. In der Politik kennt man das Solidaritätsprinzip bereits im Generationenvertrag der Rente, bei der Kranken- oder Arbeitslosigkeitsversicherung oder dem sog. Solidaritätszuschlag. Ihnen allen liegt die Idee zugrunde, dass die Mehrheit für ihre Mitglieder einspringt.

Solidarität setzt voraus, dass ich etwas gebe oder zur Verfügung stelle, aber keine bzw. nicht unmittelbar eine Gegenleistung erwarte – Solidarität in einer Gruppe erzeugt so ein Gemeinschaftsgefühl.

Das wurde sehr eindrücklich deutlich, als beim Jahrhundert-Hochwasser 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen die Menschen zusammenkamen, Geld für den Wiederaufbau spendeten, Geräte, Zeit und Kraft zur Verfügung stellten, um zu helfen. Die Solidarität war überwältigend. Sie drückte ganz deutlich aus: Auch in Notzeiten können wir uns aufeinander verlassen und sind füreinander da.

Wir statt Ich

Zusammenhalt und Gemeinschaft ist nämlich das, was wir so oft vermissen, wenn wir aktuelle Debatten und Geschehnisse verfolgen. Gefühlt ist sich jeder selbst der Nächste und unterschiedliche Bedürfnisse und Lebensrealitäten von Menschen werden nicht wahrgenommen. Solidarisches Handeln stellt der spaltenden Individualisierung ein gemeinsames Wir entgegen. Solidarität beschreibt nicht, wie ich selbst meine Taschen vollmachen kann, sondern wie wir als Gemeinschaft, Gruppe, Verbund etc., unser Zusammenleben für alle angemessen, gerecht und gut gestalten können.

Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass wir alle unterschiedliche Bedürfnisse und Möglichkeiten haben. Ein 85-jähriger Rentner ist in einer anderen Situation als eine alleinerziehende Mutter und ein Handwerker benötigt eine andere Unterstützung als eine Chefärztin. Eine geflüchtete Person braucht in unserem Land eine andere Art von Schutz, genauso wie Menschen mit Behinderungen oder Menschen der queeren Community.

Wenn wir die individuellen Bedürfnisse, die wir mitbringen, beachten und in unser Handeln integrieren, – sei es in der Politik, in unseren Forderungen an die Politik oder in unserem privaten Umfeld, – dann handeln wir solidarisch.


Möglichkeiten solidarischen Handelns

Wie kann ich meine Ressourcen – Geld, Zeit, Wissen etc. – für andere und eine bessere Welt einsetzen?

  • Nachbarschaftshilfe, z.B. durch Apps
  • Lokale Tafeln unterstützen, tafel.de
  • Seine eigenen Privilegien (Zeit, Geld, etc.) für weniger privilegierte Menschen nutzen: Sich ehrenamtlich engagieren, Geld an Hilfsorganisationen spenden
  • Benachteiligte Menschen in ihrem täglichen Leben unterstützen
  • In der Politik mitwirken (aktiv in die Politik gehen, durch Wahlen, Petitionen etc.)
  • Eigenes Wissen oder Besitz zur Verfügung stellen: Bei Computerproblemen und Amtsgängen assistieren, Werkzeug verleihen
  • Hass, Hetze und Diskriminierung im privaten und öffentlichen Raum nicht dulden, sich dagegen aussprechen und Zivilcourage zeigen (siehe anderer Kasten)
  • Eigene, vielleicht noch unbewusste, Vorurteile aktiv abbauen und Wissen erweitern (u.a. bpb.de, www.queer-lexikon.net, www.amadeu-antonio-stiftung.de, uvm.)
Hierbei handelt es sich natürlich nur um eine kleine Anregung und keine vollständige Liste.

Über den Tellerrand hinaus

Was Solidarität aber nicht ist, ist eine blinde Loyalität. Solidarität ist nicht, sich mit einer Gruppe identifizieren, deren Ideale, Anschauungen und Ziele nur auf Spaltung und Ausgrenzung ausgelegt sind.

Solidarität können wir nur leben, wenn wir auch einen Wertekanon teilen: die bedingungslose Würde jedes Menschen anzuerkennen, Menschen zu helfen, die Hilfe benötigen, für marginalisierte Gruppen in unserer Gesellschaft einzutreten, auch wenn man selbst von dieser spezifischen Diskriminierung vielleicht nicht betroffen ist, anerkennen, dass man selbst u. U. Privilegien hat, die einem im Leben einen Vorsprung verschafft haben und diese Privilegien dann für das Gemeinschaftswohl nutzen (siehe Kasten „Möglichkeiten solidarischen Handelns“).

Solidarität bedeutet auch, sich selbst zu hinterfragen, den eigenen Wertekodex auf den Prüfstand zu stellen und die Sichtweise auf andere Menschen über den eigenen Tellerrand hinaus zu erweitern. Solidarität bedeutet, dass das Leid, das mich vielleicht nicht selbst trifft, mich zumindest betroffen macht. Meine Empathie kann ich dann nutzen, indem ich mich für andere einsetze.

Eine solidarische Zukunft

Solidarität ist also eine politische Verpflichtung, sie ist der Schutz der verletzlichsten Mitglieder und zeigt dadurch auch ganz deutlich, was wir in unserer Gesellschaft wertschätzen. Sie bedeutet genauso Inklusion, soziale Teilhabe, Respekt, den Schutz von Vielfalt und Menschenwürde. Solidarität ist eine besondere Form der Empathie und ein Aufruf an jede*n von uns, gegen Ungerechtigkeiten laut und deutlich vorzugehen.

Eine „ideale“ solidarische Zukunft bedeutet dann, dass wir mehr Verständnis für unsere vielfältigen individuellen Bedürfnisse aufbringen und dass wir verstehen, dass wir als Gesellschaft aufeinander angewiesen sind. Wir dürfen bei Ungerechtigkeiten nicht wegschauen und Hass, Hetze und Spaltung weder im öffentlichen noch im privaten Raum zulassen.

Solidarität bedeutet, nicht nur darauf zu warten, dass „der Staat“ alles regelt, sondern sich genauso auch selbst verantwortlich zu fühlen und aufeinander Acht zu geben und füreinander einzustehen.

Vielleicht müssen wir selbst noch an uns arbeiten, alte Vorurteile abbauen und mehr über andere Lebensrealitäten lernen. Wenn wir mit Empathie und Offenheit aufeinander zugehen, ist das auch möglich.


Einmischen erwünscht!

Wie verhalte ich mich in kritischen Situationen?

 

Sie beobachten etwas:

  • Bringen Sie sich selbst nicht in Gefahr!
  • Situation erst aufmerksam aus der Distanz beobachten (prägen sie sich bspw. Merkmale des*der Täter*in genau ein).
  • Rufen Sie die Polizei (110) und/oder die Rettungskräfte (112): Wo ist es passiert? Wer ruft an? Was ist passiert? Wie viele Betroffene? Eventuelle Rückfragen abwarten.
  • Sprechen Sie Umstehende direkt an und bitten Sie sie mit konkreten Ansagen, Ihnen zu helfen.
  • Kümmern Sie sich um das Opfer.

 

Sie brauchen selbst Hilfe:

  • Machen Sie lautstark auf sich aufmerksam: „Das ist ein Notfall!“ oder „Ich brauche Hilfe!“
  • Sprechen Sie Umstehende direkt an, Ihnen zu helfen mit konkreten Anweisungen: „Rufen Sie die Polizei/einen Krankenwagen!“
  • Siezen Sie den*die Täter*in
  • Rufen Sie die 110 die 112 (Notfall nach dem W-Fragen-Schema melden)
  • Wenn möglich, Überraschungseffekt nutzen: Tun Sie etwas, was den*die Angreifer*in überrascht, um sich Fluchtmöglichkeiten bzw. Freiräume zu schaffen.

Die Bundespolizei bietet auch Schulungen zum Themengebiet Zivilcourage an, angepasst an unterschiedliche Altersgruppen

Auflistung nach www.weisser-ring.de und www.bundespolizei.de

Autorin

Anita Schedler

Redakteurin Klösterl-Journal

Solidarität: Ist mir alles nicht egal!