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Waldbaden – Der heilsame Wald

„Und in den Wald gehe ich, um meinen Verstand zu verlieren und meine Seele zu finden.“, so soll der schottisch-US-amerikanische Universalgelehrte John Muir (1838 – 1914) einmal gesagt haben. Vermutlich waren wir alle auf unseren vielen Spaziergängen in den letzten Monaten auch das ein oder andere Mal im Wald und haben die Ruhe und die gute Waldluft genossen.

Als Kind schätzte man den Wald vor allem für seine Abenteuer, die entdeckt werden wollten. Nämlich tolle Klettermöglichkeiten und das Aufspüren von scheuen Tieren. Je älter man wird, desto mehr genießt man die Ruhe, die der Wald bietet. Man hängt den eigenen Gedanken nach, entflieht dem Trubel des Alltags und wird durch die Kraft und Größe der Natur geerdet.

Wald im Wandel

Der Wald hat eine vielfältige und enorme Wirkung auf uns Menschen und war schon immer ein wichtiger Teil unseres Lebens und unserer Kultur. Im Mittelalter wurde er verteufelt, böse Mächte vermutete man in der unzähmbaren Wildnis, wie Hexen, Geister, Dämonen und Verbrecher; die Waldluft galt gar als schädlich. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde der Waldbestand extrem dezimiert, denn das Holz wurde in großen Mengen u.a. zur Energiegewinnung und für den Schiffsbau benötigt.

Im 19. Jahrhundert forstete man wieder stark auf. Aus romantischer Sicht wurde der Wald als ein idealisierter Sehnsuchtsort gesehen und war oft zentraler Handlungsort – sei es in Gedichten von Joseph von Eichendorff, auf den Gemälden von Caspar David Friedrich oder in den Grimm’schen Märchen. Gleichzeitig begann die Stadtelite, den Wald als Erholungsort zu entdecken. Er wurde sogar als nationsstiftendes Symbol verklärt, in Abgrenzung zum französischen Park. Die Nationalsozialisten haben diesen Gedanken weitergetrieben und den Wald für ihre Ideologie instrumentalisiert. In den Umweltbewegungen der 80er-Jahre trieb die Angst vor saurem Regen und dem Waldsterben die Menschen demonstrierend auf die Straße.

Waldbaden

Der Blick auf den Wald hat sich besonders in Deutschland viele Male gewandelt. Heute ist er für uns kulturelles Erbe, eine wirtschaftliche Rohstoffquelle, ein wichtiger Faktor im ökologischen Gleichgewicht, eine Wohltat, ein Freizeiterlebnis und ein wichtiges Naherholungsgebiet. Und gerade diese Seite des Waldes rückt in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus: der Einfluss des Waldes auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Anfang der 80er-Jahre begann man in Japan bereits, den Aufenthalt im Wald mit einer verbesserten Gesundheit in Verbindung zu bringen, dies wissenschaftlich zu untersuchen und zu belegen. Daraus entstand der Begriff „Shinrin-yoku“, was übersetzt so viel wie „Waldbaden“ bzw. „Waldluftbaden“ bedeutet.

Vielseitig sinnliches Erlebnis

Dass der Wald angenehm für uns ist, ist an sich nichts Neues: Das im Wald herrschende Lokalklima ist ausgeglichener, gleisendes Licht oder Lärm werden abgemildert, die erhöhte Luftfeuchtigkeit befeuchtet unsere Atemwege, das vorherrschende, natürliche Grün wirkt auf uns beruhigend, und zusammen mit den spezifischen Gerüchen und Geräuschen wird in unserem Gehirn besonders die Region des Parasympathikus angesprochen. Der Parasympathikus wird auch „Erholungsnerv“ genannt, denn er regeneriert unseren Organismus und baut unsere Energiereserven auf.

Baum-Botenstoffe Terpene

Was ist also das Neue am Waldbaden? Der japanische Wissenschaftler Qing Li begann sehr früh mit der Erforschung der positiven Auswirkungen des Waldes und verweist hierbei auf ätherische Öle sowie Terpene. Das sind Botenstoffe, die die Bäume aussenden, um andere Bäume vor Schädlingen oder gefährlichen Pilzen zu warnen. Die Terpene nehmen wir bei einem Waldspaziergang über die Atmung und die Haut auf und so gelangen sie direkt in den Blutkreislauf. Qing Li fand heraus, dass diese Terpene die Anzahl der Killerzellen im Blut erhöhen, was einen positiven Effekt auf unser Immunsystem hat. Diese Killerzellen erkennen beispielsweise veränderte Zellen und bekämpfen diese, seien es Krebszellen oder virusbefallene Zellen. Außerdem tragen sie dazu bei, dass der Blutzuckerspiegel sowie der des Stresshormons Cortisol ausgeglichen und der Blutdruck gesenkt wird.

Achtsamkeit

Es geht beim Waldbaden und bei geführten Kursen auch darum, eben die beruhigende Wirkung des Waldes für Achtsamkeits- und Entspannungsübungen zu nutzen (siehe Kasten). Wenn wir uns gehetzt in einem Studio mitten in der Stadt treffen oder sich neben uns zuhause noch der Wäscheberg auftürmt, fällt es viel schwerer, zu entspannen und dem Hamsterrad des Alltags zu entfliehen. Warum also nicht die Ruhe und das angenehme Klima des Waldes dafür nutzen und all die positiven Effekte miteinander verbinden?

Schnellere Heilung?

Die an der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität forschende Wissenschaftlerin Angela Schuh hat noch weitere Beispiele für die heilende Wirkung des Waldes. Die Stressreduktion durch die oben aufgeführten Punkte führt nachweislich zu besserem Schlaf und zu einer schnelleren Heilung von erkrankten Menschen. Allerdings gibt Schuh zu bedenken, dass die asiatischen Forschungsergebnisse nicht einfach 1:1 auf die europäischen Wälder übertragen werden können, denn in Japan herrscht ein anderes Klima und die Wälder sind aus anderen Pflanzen und Baumarten zusammengesetzt. Nicht zwingend haben die heimischen Buchen, Fichten und Kiefern die gleichen Effekte wie die Baumarten aus den Studien. Hier ist noch spezifischere Forschung nötig.

Wir brauchen den Wald

In Deutschland sind knapp ein Drittel der Fläche mit Wald bedeckt. Dies erscheint viel, und tatsächlich ist Deutschland eines der waldreichsten Länder der EU. Doch der Wald ist bedroht, nicht nur hier, sondern weltweit. Der Klimawandel, neue Schädlinge, ungezügelter Rohstoffhunger und die Energiewirtschaft gefährden das reiche Ökosystem Wald immer mehr – und zerstören dabei unsere Lebensgrundlage. Denn, wir brauchen den Wald viel mehr, als er uns braucht.

Daher müssen wir uns für eine nachhaltige Forstwirtschaft vor Ort einsetzen und Konsumentscheidungen nachhaltig treffen. Nur so können wir dieses wundersame Ökosystem Wald weiterhin mit seinen vielen, zum Teil noch gar nicht erforschten, gesundheitlichen Vorzügen, genießen und auf lange Sicht an die nächsten Generationen weitergeben.


Eine kleine Anleitung

Waldbaden heißt, den Wald achtsam und mit allen Sinnen wahrzunehmen, und mit ihm in Interaktion zu treten.

  • Den Wald mit allen Sinnen aufnehmen: Geräusche, verschiedenste Gerüche erfassen, beobachten, fühlen und ertasten
  • Sich langsam und achtsam bewegen: Schlendern, Pausen einlegen, die Umgebung bewusst wahrnehmen und betrachten
  • Atmen: zur Ruhe kommen, gerne Atemübungen miteinbauen
  • Die Stille wahrnehmen
  • Yoga, Meditation, über Baumstämme balancieren: erlaubt ist, was gefällt
  • Sich Zeit nehmen und treiben lassen

Autorin

Anita Schedler

Redakteurin Klösterl-Journal

Waldbaden – Der heilsame Wald