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Gefühle und Emotionen – Angst verstehen statt vermeiden

Angst kennen wir alle, egal ob groß, ob klein. Kindern ist nicht selten mulmig zumute, wenn sie in der Nacht im Dunkeln aufwachen, sie in der Schule vor der Klasse ein Referat halten müssen, oder wenn wir uns als Erwachsene für ein Bewerbungsgespräch fertigmachen. Angst an sich ist vollkommen normal und Teil unserer menschlichen Natur.

In den gerade beschriebenen Situationen Angst zu haben, ist normal und wir kommen damit meist auch mehr oder weniger zurecht. Uns ist bewusst, dass die Situation wieder vorübergeht.

Intensive Angstgefühle können aber auch unser ganzes Denken einnehmen, unser Leben und unsere täglichen Entscheidungen beeinflussen und uns lähmen. Und wenn der Zustand der Angst eben nicht wieder abklingt und unser Körper permanent in Habachtstellung ist, leiden unsere körperliche und unsere mentale Gesundheit sehr.

Die gute Nachricht ist jedoch: Angst ist kein Schicksal! Es gibt Möglichkeiten, das Zuviel an Angst gut zu regulieren.

Warum haben wir überhaupt Angst?

Angst soll uns vor gefährlichen Situationen schützen, sie hat also eine Warnfunktion. Wenn wir Angst haben, weil wir beispielsweise ein gefährliches Tier sehen, wird unser Körper in Alarmbereitschaft versetzt und wir entscheiden uns blitzschnell: Bekämpfen wir die Gefahr, fliehen wir vor ihr oder erstarren wir, d.h. „stellen wir uns tot“? Unser Gehirn schüttet Adrenalin und Noradrenalin aus, unsere Atmung wird schneller, das Herz beginnt zu rasen, die Muskeln werden besser mit Sauerstoff versorgt – unser Körper mobilisiert so in kürzester Zeit ungemeine Kraftreserven.

Für unsere Vorfahren war das überlebenswichtig. Tatsächlich haben vor allem die vorsichtigen und ängstlichen Menschen überlebt, weil sie sich von gefährlichen Situationen eher fernhielten.

Auch heute noch weit verbreitete Phobien gehen auf die Urzeit der Menschheit zurück, als beispielsweise giftige Spinnen und Schlangen eine reale Gefahr darstellten. Für die meisten von uns sind sie das im Alltag heute nicht mehr, trotzdem fürchten oder ekeln wir uns noch vor ihnen.

Angst signalisiert Grenzen und warnt vor dem vielleicht bedrohlichen Unbekannten. Wir versuchen, uns dagegen abzusichern und Kontrolle zurückzugewinnen, weil es uns schwerfällt, Angst und Ungewissheit realistisch zu bewerten und sie auszuhalten. Versicherungsunternehmen, hetzerische Medien und Gruppierungen nutzen dies gezielt, um mehr zu verkaufen, die Auflagezahlen zu erhöhen oder gesellschaftliche Stimmungen zu instrumentalisieren.

Angst kann aber sogar auch Spaß machen, nämlich, wenn wir uns mit Grusellust Horrorfilme ansehen oder mit riskanten Extremsportarten bewusst den Nervenkitzel suchen. Es gibt uns einen Kick, das Unbekannte zu erforschen, neue Erfahrungen zu sammeln und die eigenen Grenzen auszutesten. Sind wir erfolgreich, verleiht uns das Hochgefühle, und Dopamin wird ausgeschüttet – wir wachsen regelrecht an diesem Erlebnis. Profisportler*innen berichten zudem oft, dass sie sich vor Wettkämpfen „wie in einem Tunnel“ fühlen, komplett fokussiert. Auch das ist ein positiver Effekt der Angst: Sie bündelt unsere gesamte Konzentration und kann uns so zu Höchstleistungen verhelfen.

Angst und Scham

Doch sind wir im Alltag mit zu viel Angst konfrontiert, tun wir uns oft schwer, das Problem anzuerkennen und uns Hilfe zu holen. Zu groß sind die Scham und noch immer auch die Stigmatisierung von Angst in unserer Gesellschaft. Wir halten uns für zu schwach, wenn uns die Angst überrennt, und geben uns selbst die Schuld daran. Wir fühlen uns dann nicht nur ausgeliefert und hilflos, wir schämen uns gleichzeitig auch dafür. Zu unserer eigenen Überforderung kommt dann eben noch die Ratlosigkeit unseres Umfelds – das ist ein sich selbst verstärkender Teufelskreis.

Angststörungen gehen zudem nicht selten mit anderen mentalen Erkrankungen, wie Depressionen oder auch Suchtverhalten, einher, was neben existenzbedrohenden, finanziellen Problemen oft in die soziale Isolation führt.

Zu viel Angst

Wie stark wir Angst empfinden und in welcher Situation, hängt von unseren Erlebnissen und den damit verknüpften Emotionen und körperlichen Reaktionen ab. Auch Vorerkrankungen sowie erbliche und biologische Faktoren können eine Rolle spielen. Zum Problem wird die Angst, wenn wir eine Angst vor der Angst entwickeln (Erwartungsangst), wir uns zurückziehen, Schlafprobleme uns zu quälen beginnen, wir nicht mehr herauskommen aus all den ausgemalten (unrealistischen) Katastrophen, wir uns gelähmt fühlen und die Angst auch unsere sozialen Beziehungen oder unser Arbeitsleben negativ beeinflusst. Wird die Angst so lebensbestimmend, ist professionelle Hilfe gefragt, um den Teufelskreis aus Angstleiden, Vermeidungsverhalten und Isolation zu durchbrechen. Und zwar je früher, desto besser! Es gibt inzwischen viele Herangehensweisen, die zusammen mit ärztlicher und/oder therapeutischer Hilfe für die individuelle Situation passend ausgesucht werden können (siehe Kasten).


Behandlungsmöglichkeiten

  • (Kognitive) Verhaltenstherapie: In therapeutischen Gesprächen werden die Ursachen der eigenen Angst aufgearbeitet, die falschen Gedankenkreisläufe aufgelöst und das Verhalten dementsprechend angepasst
  • Konfrontationstherapie (Exposition): Sich therapeutisch begleitet und behutsam der angstauslösenden Situation stellen
  • Entspannungsverfahren:B. progressive Muskelentspannung, Atemübungen, autogenes Training und Meditation als nachhaltige Stärkung der (Stress-) Resilienz
  • Medikamente: Es gibt (pflanzliche) Medikamente, die Sie frei in der Apotheke bekommen. Bestimmte Psychopharmaka, wie Antidepressiva, werden ebenfalls zur Behandlung von Angststörungen eingesetzt.
  • Selbsthilfegruppen: Angst isoliert – Menschen zu treffen, die ähnliche Erfahrungen mit ihrer Angst machen und sich auszutauschen, wirkt der Isolation entgegen und macht Mut.
  • Das Umfeld miteinbeziehen: Bitten Sie Ihr Umfeld, sich zu informieren, und sprechen Sie über die Unterstützung, die Sie von ihnen gern erhalten möchten – das macht es für alle leichter!

Umgang mit der Angst

Angst ist eine schlechte Ratgeberin: Treffen Sie daher keine überstürzten Entscheidungen! Konzentrieren Sie sich auf Ihr Vernunft-Gehirn, um die Situation zu beurteilen. Ist meine Angst gerade realistisch, oder sind es vergangene Erfahrungen, die meine Angst gerade triggern? Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass wir selbst am Steuer sitzen und Situationen kontrollieren können. Man kann sich dabei der eigenen Angst stellen, sie bewusst und behutsam durchleben, um dann festzustellen, dass sie oft nicht in einer tatsächlichen Gefährdung begründet ist.

Beziehen Sie auch Ihr Umfeld mit ein: Oft wissen unsere Mitmenschen nicht, wie sie konkret helfen können. Sprechen Sie über Ihre Angst und zeigen Sie auf, was Ihnen an Unterstützung aus Ihrem Umfeld helfen könnte.

Grundsätzlich gilt immer auch: Ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Bewegung (Sport baut aktiv Stress und Angst ab und setzt Endorphine frei!) und bewussten, stressfreien Ruhephasen tragen zu einem ausgeglichenen Leben bei und stärken unser mentales Abwehrsystem. Hilfreich sind dabei auch Entspannungsverfahren (siehe Kasten oben). Auch wenn es schwerfällt: Bleiben Sie trotz Angst offen für neue Situationen und neue Erfahrungen! Denn diese „Ausflüge ins Unbekannte“ stärken unsere Selbstsicherheit, lassen uns wachsen und machen Mut. Zu guter Letzt: Geben Sie sich Zeit! Angst nachhaltig zu regulieren, geht nicht von heute auf morgen. Seien Sie nachsichtig mit sich und feiern Sie auch scheinbar kleine Erfolge!

Anita Schedler

Redakteurin Klösterl-Journal