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Gefühle und Emotionen – Superpower Wut

„Hör endlich auf, ich platze gleich vor Wut!“ Dieser Satz weckt unwillkürlich das Bild einer wütenden Person, die mit hochrotem Kopf, geballten Fäusten und einem Bauch voll Wut vor einer anderen Person steht. Doch was bringt uns Menschen eigentlich dazu, so aus der Haut zu fahren? Woran merken wir, dass die Wut in uns hochkocht, welche Signale gibt uns der Körper dafür? Und vor allem: Wie können wir uns diese Energie zunutze machen?“

Beruhig dich!

In unserer Gesellschaft finden Wutausbrüche oder offen gezeigte Wut in der Regel keine Anerkennung. Selbstverständlich sind Ausdrücke von Wut, die sich in aggressivem körperlichem Verhalten zeigen, wie schreien, schlagen oder Dinge werfen, ebenso wenig angebracht wie verbale Wutausbrüche in Form von Beschimpfungen oder Bedrohungen anderen gegenüber. Die nach innen gerichtete Form von Wut, die sich als Selbstablehnung, Ignorieren der eigenen Bedürfnisse oder gar Selbstverletzung zeigt, hilft uns jedoch auch nicht weiter.

Da es aber essenziell ist, die Gefühle zu fühlen und nicht zu ignorieren oder gar zu unterdrücken, stellt sich die Frage, wie wir üben können, mit so einem intensiven Gefühl wie der Wut auf eine gesunde Weise umzugehen. Hilfreich dafür ist, zu verstehen, wie sich Wut im Körper und Geist bemerkbar macht und die Ursachen und ganz persönlichen Wutquellen zu identifizieren. Wenn uns das bewusst ist, können wir auch damit umgehen, uns gut regulieren und die eigene Wut sogar als Kraftquelle nutzen.

Wut im Körper

Wenn die Wut im Körper hochsteigt, dann kann sich das wie ein roter Feuerball anfühlen, der vom Bauch erst in die Brust und schließlich bis zum Kopf steigt. Der Körper geht regelrecht in den Kampf- oder Fluchtmodus. Das Herz pumpt stärker, der Blutdruck steigt, Verdauung und Immunsystem werden heruntergefahren – eine typische Stressreaktion. Das Gefühl der Wut im Bauch oder vor Wut zu platzen werden deutlich spürbar. Wenig verwunderlich, dass die Wut dem Element Feuer zugeordnet wird.

Wut im Kopf

In einer Situation, die wütend macht, können wir keine guten Entscheidungen mehr treffen und sind nicht mehr in der Lage, etwas vernünftig zu beurteilen. Der Wut zugrunde liegt meist die eigene Bewertung, dass etwas falsch läuft. Diese Beurteilung oder Interpretation einer Wahrnehmung ist bei jedem Menschen ganz individuell. Sie ist geprägt von den eigenen Erfahrungen, Einflüssen aus der Kindheit, den momentanen Umständen und dem eigenen ‚Toleranzfenster‘.


Auslöser für Wut und dazugehörige innere Bewertungen:

  • Bedrohung / Angriff – Ich möchte nicht verletzt werden und verteidige mich.
  • Verurteilung – Das ist falsch.
  • Unfaire Behandlung – So lasse ich nicht mit mir umgehen.
  • Frustration / Machtlosigkeit – Ich kann hier nichts bewirken oder ändern.
  • Ablehnung – Ich bin richtig, du bist falsch.
  • Enttäuschung – Ich habe etwas anderes erwartet.

Die Superpower

Wann immer Wut sich zeigt, ist es ein starkes Signal dafür, dass ich eine klare Meinung zu etwas habe, dass es mir bei dem Thema um etwas geht, was mir wirklich wichtig ist. Wut zeigt mir deutlich, wo meine Grenzen sind, wann ich mich verteidigen und Stellung beziehen möchte. Wenn wir uns dessen bewusst werden, kann Wut eine fantastische Unterstützung für Veränderung sein, ein innerer Antrieb, etwas zu bewegen, mich oder jemand anderen zu verteidigen oder ganz klare Grenzen aufzuzeigen.

Auf diese Weise wird Wut zu Mut und hilft dabei, aktiv zu werden, Entscheidungen zu treffen und für eine Sache oder ein Ziel loszugehen, welches mir am Herzen liegt. Das ist die Superkraft von Wut, die wir uns zu eigen machen können, indem wir die aus der Wut entstandene Energie umwandeln und nicht als Aggression, sondern als Kraftquelle für Veränderung einsetzen.

Gefühle und Emotionen – Superpower Wut

Selbstregulation

Um die Kraft der Wut zu nutzen, müssen wir lernen, uns selbst zu regulieren. Das bedeutet, wir müssen verstehen, wie unser eigenes Nervensystem tickt, welche Dinge uns aus der Fassung bringen und was dann hilft, wieder in Balance zu kommen. Ein paar SOS-Tools zum Üben sind hier gesammelt:


SOS-Tools bei Wut:

  • Empfangende Hände: Im Stehen oder Sitzen die Arme anwinkeln, Hände entspannt mit den Handflächen nach oben geöffnet halten, lang und tief atmen.
  • Löwenatmung: Tief einatmen. Bei der Ausatmung mit weit geöffnetem Mund und herausgestreckter Zunge wie ein Löwe brüllen.
  • Auspowern: Rhythmische Musik auflegen und tanzen.
  • Erdung: Fokus auf den Kontakt der Fußsohlen mit dem Boden oder der Erde richten.
  • Achtsames Fühlen:
    • Benennen, wie es mir gerade geht: „Ich bin …“, siehe Wortwolke
    • Wie fühlt sich das gerade in meinem Körper an? Z.B. Körperbereiche beschreiben, Temperatur, Enge/Weite etc.
    • Was brauche ich jetzt gerade, um wieder ganz bei mir zu sein? Z.B. ein Glas Wasser, frische Luft, Bewegung o.ä.

Window of Tolerance – Kapazität zur Selbstregulation

Das ‚Window of Tolerance‘ bezeichnet den Bereich, in welchem sich unser Nervensystem wohl bzw. sicher fühlt. Wird das Fenster nach oben überschritten, reagiert das Nervensystem mit Kampf- oder Flucht-Modus. Fällt das Aktivierungslevel unterhalb des Toleranzfensters, gehen wir in den Modus der Erstarrung.

Das Toleranzfenster bewegt sich bei jedem Menschen in unterschiedlichen Größen, je nach dem eigenen aktuellen Zustand. Bei einem großen Toleranzfenster können Stresseinwirkungen durch das Nervensystem gut reguliert werden und anschließend wieder in einen Balancezustand kommen. Bei einem engen oder kleinen Toleranzfenster bedarf es nur wenig Einfluss von Stress, um in einen dysregulierten Zustand zu kommen.

Gefühle und Emotionen – Superpower Wut

Wenn wir die Superpower der Wut als Quelle verstehen, um positive Veränderung in die Welt zu bringen, dann können wir wirklich etwas bewegen. In diesem Sinne wünsche ich uns allen viel Anlass zur Wut und vor allem einen gesunden Umgang damit.

Autorin

Cäcilia Wallbrecher

Redakteurin Klösterl-Journal, Yoga-Lehrerin und Embodiment-Coach

 


Bildquelle:
unsplash