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Körper und Akzeptanz: Bin ich schön (genug)?

Schon immer haben Schönheitsideale vorgegeben, ob wir zum „Klub der auserwählten Schönen“ gehören. Denn als schön empfundene Menschen werden in unserer Gesellschaft, bei der Wohnungs- und Jobsuche, ja sogar vor Gericht bevorzugt, das zeigen wissenschaftliche Untersuchungen. Dabei verändern sich Schönheitsideale permanent – sie sind kein verlässlicher Faktor und keine absolute Wahrheit. Sie sind sozial konstruierte Konzepte, denen wir nicht folgen müssen. Das ist gut für uns!

Die Macht der Bilder

Heutzutage haben soziale Medien und Bildbearbeitungsprogramme einen enormen Einfluss auf unsere Wahrnehmung von Schönheit. Soziale Medien wie Instagram und TikTok präsentieren durchgestylte Körper und makellose Gesichter – oft durch Filter, Bearbeitung, künstliche Intelligenz oder Schönheitseingriffe verändert. Die Macht zu diktieren, was als schön gilt, liegt in den Händen von Stars, Influencer*innen, digitalen Plattformen und Unternehmen, die nicht selten von einem kommerziellen Interesse gleitet sind. Kaufen Sie dieses Produkt, dieses Kleidungsstück oder lassen Sie jenen Eingriff machen, um genauso makellos und schön zu sein wie Ihr Lieblingsidol, scheint es uns entgegenzuschreien.

Ist Ihnen beispielsweise bewusst, dass Cellulite, wie sie v.a. bei Frauen auftritt, ein komplett normales Phänomen ist? Es ist keine Krankheit, nichts Abnormales, nichts, worüber man sich eigentlich Gedanken machen müsste. Cellulite ist ein normales physiologisches Phänomen, das durch die Struktur des Bindegewebes und Fettgewebes herbeigeführt wird. Und doch hat man uns über Jahrzehnte eingeredet, dass Beine mit Cellulite unattraktiv sind, dass wir uns dafür schämen müssen und wir jede neue Creme und Behandlung dagegen ausprobieren müssen.

Das erzeugt ein Umfeld, das uns permanent spiegelt, dass unsere natürlichen Körper, die verschieden sind, die altern und sich verändern, irgendwie falsch zu sein scheinen, dass sie immer verbesserungswürdig und gar beschämend sind. Wie sollen wir in so einem Umfeld je mit uns zufrieden sein?

Sich wandelnde Schönheitsideale

Schon in der Antike schätzte man harmonische Proportionen, die Renaissance liebte üppige Formen, das viktorianische Zeitalter verband schmale Taillen mit moralischer Tugend, und in den 20er-Jahren feierte man androgyne Frauenkörper. Auch aktuell scheint sich das Trendbarometer gerade wieder von kurvig hin zu superdünn zu bewegen.

Wenn ich auf meine eigene, gut 30-jährige Karriere als Körperbesitzerin zurückblicke, fallen mir viele Begriffe ein, mit denen der „ideale“, schöne Körper oder ganz spezifische „Makel“ beschrieben wurden: Heroin Chic, Bikinifigur, Thigh Gap, Hip Dips, Orangenhaut, Waschbrettbauch, Mommy Makeover… die Liste lässt sich endlos fortsetzen. In diesen sich verändernden Schönheitsidealen spiegeln sich oft die sozialen und kulturellen Strömungen ihrer Zeit wieder.

Dieses „Schönheitsdiktat“ können wir aber auch als Vielfalt verstehen, die uns daran erinnert, dass Schönheit nicht objektiv ist, sondern von externen Faktoren mitbestimmt wird. Diese verschiedenen Trends gehen immer auch wieder vorbei, dann ist der nächste Trend dran, dann der nächste. Es sind konstruierte Strömungen, denen wir nicht folgen müssen. Wenn wir uns aus diesem Zirkus der Willkürlichkeit herausnehmen, befreit uns das enorm. Denn Körper kommen nun einmal in allen Größen, Formen, Farben und verziert mit all dem, was wir erleben und erlebt haben: Narben, Falten, Dehnungsstreifen, Dellen, Behinderungen und vielem mehr.

Sich dem herrschenden Schönheitsdiktat unserer Zeit zu entziehen, kostet viel Kraft und braucht Wissen und Selbstreflexion: Warum empfinde ich jenes als schön? Werde ich dadurch verunsichert? Soll ich vielleicht zum Kaufen angeregt werden? Welche Motive stecken vielleicht hinter manchen Trends?

Positive Sicht auf unseren Körper?

In diesem Kontext sind Konzepte wie „Body Positivity“ und „Body Neutrality“ entstanden. Weg von der permanenten Schönheits-Selbstoptimierung, hin zu einer neuen Selbstakzeptanz. Body Positivity setzt sich für eine radikale und uneingeschränkte Liebe und Akzeptanz des eigenen Körpers ein. Die Vielfalt und vor allem Natürlichkeit unserer Körper in jedem Alter und in jeder Ausprägung wird sichtbar gemacht. Auf diese Weise lernen wir, wie natürliche Körper aussehen können, und wir entzaubern die konventionellen Schönheitsstandards und die idealisierten, retuschierten Körper, die wir als Norm akzeptiert haben.

 

Was viele allerdings als schwierig empfinden, ist, einfach so von „Mein Körper ist mangelhaft und entspricht nicht dem Schönheitsideal“ zu „Ich liebe und akzeptiere meinen Körper bedingungslos!“ umzuschwenken. Nachdem uns unser ganzes Leben lang erzählt wurde, dass unser Körper voller Makel ist, erzeugt diese bedingungslos positive Sicht viel Druck.

Oder doch ein neutralerer Blick?

Ein wenig nachsichtiger versucht sich da die Body Neutrality: Sie fördert einen neutralen Blick auf den Körper. Dabei liegt der Fokus nicht auf bedeutungsgeladenen Begriffen wie der Liebe oder dem Hass, sondern auf der schlichten, neutralen Akzeptanz des Körpers in seinem aktuellen Zustand und seinen Fähigkeiten. Er ist ein „Gefäß“, das es uns ermöglicht, am Leben teilzunehmen, uns auszudrücken, zu fühlen und, wenn wir das möchten, neues Leben in diese Welt zu bringen. Es gibt immer „gute“ und „schlechte“ Tage, mal fühlen wir uns mit unserem Körper wohler, mal weniger. All das ist okay und wird nicht bewertet.

Beide Konzepte haben ihre Vor- und Nachteile. Unsere persönliche Herausforderung besteht darin, die Balance zwischen Positivität und Neutralität zu finden und einen individuellen Ansatz auszuloten, der sowohl Selbstliebe als auch Akzeptanz unseres eigenen Körpers ermöglicht. Denn wir sind alle von Natur aus schön genug.


Tipps für ein liebevolleres und gesünderes Körperbild

 

  • Konventionelle Normen hinterfragen – Sie müssen ihnen nicht entsprechen!
  • Perfektion gibt es nicht; schätzen Sie Ihre eigene individuelle Vielfalt!
  • Viel schöner als ein „idealer“ Körper ist gelebte Authentizität!
  • Social Media ausmisten: Welche Accounts tun Ihnen gut? Welche verstärken Unsicherheiten?
  • Wie sprechen die Menschen in Ihrem Umfeld über den eigenen Körper oder den anderer? Wertschätzend oder abwertend? Mit welchen Menschen fühlen Sie sich wohl?
  • Seien Sie nachsichtig und liebevoll mit sich selbst – Sie sind genug!
  • Nicht Äußerlichkeiten loben, sondern Komplimente für Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen, Kreativität, Humor usw. machen.
  • Sprechen Sie Bodyshaming von anderen an – sich für andere oder sich selbst einzusetzen, stärkt Ihr Selbstbewusstsein.
  • Die Vielfalt der Körper bewusst wahrnehmen und mögliche eigene Vorurteile reflektieren.
  • Tragen Sie, worin Sie sich wohlfühlen, ohne auf Konfektionsgrößen zu achten.
  • Hinterfragen Sie anerzogene Glaubenssätze über Ernährung und Gewicht, lösen Sie sich von der weitverbreiteten Diätmentalität und dem aktuellen Fitnesshype und lernen Sie, auf Ihren Körper und seine Signale zu hören (siehe z. B. Beitrag „Was ist eigentlich intuitives Essen“).
  • Tun Sie sich regelmäßig etwas Gutes: Nehmen Sie nach einem anstrengenden Tag ein warmes Bad, gönnen Sie sich eine wohltuende Massage, machen Sie Pausen im hektischen Alltag, unternehmen Sie Ausflüge an schöne Orte etc.
  • Seien Sie geduldig – die Beziehung zu Ihrem Körper wird sich nicht von heute auf morgen ändern, es ist ein Prozess, der Zeit braucht.
  • Holen Sie sich professionelle Unterstützung, wenn das Thema Ihren Alltag zu sehr beeinflusst.

Autorin

Anita Schedler

Redakteurin Klösterl-Journal