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Chancen in der bioidentischen Hormontherapie von Frauen – die Prävention, der richtige Zeitpunkt und die Lebensqualität

Im Gespräch mit Frau Krug, Allgemeinärztin, Hormonexpertin und Autorin des Sachbuchs
„Hormoncoach erlernen & und gezielt anwenden“

 

Im Artikel „Hormon-Dysbalancen – Wechseljahre schon ab 35?“  wurden die hormonellen Veränderungen in den verschiedenen Lebensphasen sowie die wichtigsten Steroidhormone bereits erläutert. Wer sich zu den Begriffen Prä-, Peri- und Postmenopause noch genauer informieren möchte, findet dort hilfreiche Erklärungen (siehe auch im folgenden
Interview Abb. 1).

Damit können wir uns in diesem Interview ganz auf die praktischen Erfahrungen und Einschätzungen von Frau Krug konzentrieren und direkt mit der ersten Frage beginnen.

 

Lächelnde Frau mittleren Alters mit kurzen blonden Haaren, die einen hellen Blazer, eine gerüschte dunkle Bluse, eine Perlenkette und Perlenohrringe trägt, als Symbol für Prävention und verbesserte Lebensqualität vor einem schlichten weißen Hintergrund.

Liebe Frau Krug, seit über 40 Jahren setzen Sie sich intensiv mit der bioidentischen Hormontherapie auseinander. Schön, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen und uns Ihr Wissen und Ihre Erfahrung rund um die Hormonbehandlung in der Prä-, Peri- und Postmenopause zur Verfügung stellen.

Liniendiagramm, das die Veränderungen des weiblichen Hormonspiegels (Östradiol, Progesteron, DHEA, Testosteron) über die verschiedenen Lebensabschnitte von der Pubertät bis zum 80. Lebensjahr zeigt - und die Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Rolle der bioidentischen Hormontherapie hervorhebt.
Abb. 1: Hormonveränderung der Frau in Abhängikeit des Alters

Messung des Hormonstatus

Gleich zu Beginn möchte ich Ihnen die Frage stellen, ob Sie allen Frauen, die eine bioidentische Hormonersatztherapie (BHT) in Erwägung ziehen, empfehlen, ihren Hormonstatus messen zu lassen, unabhängig, in welcher menopausalen Phase sie sich befinden? Welche Hormonspiegel interessieren Sie?

Frau Krug: Ich empfehle grundsätzlich eine Hormonmessung. Es gibt aber auch Fälle, in denen ich anhand der Symptome sehr sicher bin, wie die Werte ausfallen. Wenn zum Beispiel eine 51-jährige Frau über Hitzewallungen und Schlafstörungen klagt und seit Monaten oder über ein Jahr keine Regelblutung mehr hatte, dann ist ihr Estradiol-Wert mit großer Sicherheit unter der Nachweisgrenze und auch das Progesteron ist niedrig. Diese Frau benötigt beide Hormone. Was mit dem Testosteron- und dem DHEA-Wert, also mit den Androgenen, ist, das kann ich anhand dieser Symptome nicht ablesen. Daher ist es besonders sinnvoll, diese frühzeitig zu testen. Viele Patientinnen wünschen heute auch selbst die Laboranalyse – und das unterstütze ich natürlich.

Übergang von der Prämenopause zur Perimenopause

Frauen in der Prämenopause können unter einem Progesteron-Mangel emotional sehr leiden. Um diesen Mangel auszugleichen, ist Progesteron als transdermale oder als orale Anwendungsform verfügbar. Wann empfehlen Sie welche Arzneiform?

Frau Krug: Ein Progesteron-Mangel lässt sich generell gut über die Haut ausgleichen. Bei Schlafstörungen oder bei Gereiztheit sowie bei depressiven Verstimmungen empfehle ich die orale Einnahme von Progesteron. Diese orale Einnahme hat den nützlichen Effekt, dass Progesteron in der Leber zu einem Stoffwechselprodukt mit ausgleichender, beruhigender und schlaffördernder Wirkung umgewandelt wird.

 

Können noch weitere Hormonmängel in der Prämenopause vorliegen?

Frau Krug: Solange eine Frau regelmäßig ihre Menstruation bekommt, besteht im Allgemeinen kein Estradiol-Mangel. DHEA und Testosteron können auch hier schon defizitär sein.

Die Perimenopause

Flussdiagramm in deutscher Sprache, das die Stoffwechselwege der Steroidhormone zeigt und verdeutlicht, wie Cholesterin zu Schlüsselhormonen führt, die für die Lebensqualität wesentlich sind und in der bioidentischen Hormontherapie und Prävention relevant sind.
Abb. 2: Ausschnitt der Stoffwechselwege von Steroidhormonen und deren Bildung, ausgehend vom Cholesterin, das der Körper auch selbst synthetisieren kann

Linderung der Wechseljahrbeschwerden

In der Perimenopause wird Frauen gegen die klassischen Wechseljahrbeschwerden Estradiol transdermal (über die Haut) sowie Progesteron zur Einnahme verordnet. Anders als das transdermal angewendete Progesteron helfen Progesteron-Kapseln gegen Schlafstörungen und wirken stimmungsaufhellend. Hat es auch Vorzüge, wenn man gegen Hitzewallungen und Antriebslosigkeit eine Estradiol-Kapsel schlucken würde?

Frau Krug: Nein, im Gegenteil! Wird Estradiol geschluckt, entstehen in der Leber Stoffwechselprodukte (Östron und dessen Abbauprodukte, siehe Abb. 2), die das Risiko für Thrombosen, Gebärmutter- und Brustkrebs erhöhen. Transdermal aufgenommenes Estradiol hat eine deutlich bessere Verträglichkeit, da diese kritischen Stoffwechselprodukte in nur minimaler, vernachlässigbarer Menge entstehen.

Wichtig ist außerdem: Progesteron unterstützt nicht nur bei Schlafstörungen, sondern schützt die Gebärmutterschleimhaut. Da Estradiol bei alleiniger Gabe das Risiko für Gebärmutterkrebs erhöhen kann, ist eine Begleittherapie mit Progesteron als Gebärmutterschutz bei jeder Estradiol-Behandlung unerlässlich. Transdermales Progesteron reicht zum Schutz der Gebärmutterschleimhaut nicht aus.

Haben Sie eine Empfehlung, wenn sich in der Perimenopause die Vaginalschleimhaut trocken anfühlt und juckt oder brennt?

Frau Krug: Diese Symptome hängen direkt mit dem Östrogenmangel zusammen. Zu deren Linderung und bei nachlassender Libido oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr empfehle ich Estriol als Zäpfchen oder als Vaginalcreme zum Einführen und zum Auftragen auf das äußere Genitale. Es wirkt lokal und regt im Gegensatz zu Estradiol vaginal angewendet, keinen Schleimhautaufbau in der Gebärmutter an. Wenn Frauen über trockene Augen klagen, können ölige Estriol-Augentropfen helfen. Selbst bei hormoninduzierten Tumoren spricht in der Regel nichts gegen die Anwendung von Estriol auf der Schleimhaut. Estriol kann im Körper nicht mehr zu Östron und Estradiol zurückumgewandelt werden (siehe Abb. 2).

 

Ändert sich die Therapieempfehlung der BHT für Frauen nach Entfernung der Gebärmutter?

Frau Krug: Ja. Nach einer Gebärmutterentfernung ist der schützende Effekt von Progesteron in Bezug auf die Gebärmutterschleimhaut nicht mehr erforderlich. Trotzdem kann die zusätzliche Gabe von Progesteron bei entsprechenden Beschwerden weiterhin sinnvoll sein. Auch die Werte von DHEA und Testosteron sollten bei diesen Frauen im Blick behalten werden.

DHEA und Testosteron in der Perimenopause

Neben einer bioidentischen Hormontherapie mit Estradiol transdermal und Progesteron in einer oralen Anwendungsform empfehlen Sie, dass in der Perimenopause DHEA und Testosteron auch miteinbezogen werden. Können Sie erläutern, warum?

Frau Krug: Viele denken, dass in der Perimenopause nur Estradiol und Progesteron fehlen. Das ist ein Irrtum. Ein großer Teil des DHEA (60 – 70 %) wird zwar in der Nebenniere gebildet, aber 30 – 40 % stammen aus dem Eierstock. Wenn die Eierstöcke ihre Hormonproduktion einstellen, sinken dadurch auch DHEA- und Testosteronwerte deutlich. Ist die Nebenniere belastet, etwa durch chronischen Stress, kann sie das nicht ausgleichen. Die Folge sind oft Erschöpfungszustände. Hier hilft eine Substitution mit DHEA-Kapseln sehr gut. Eine DHEA-Creme, lokal auf die Schamlippen aufgetragen, kann gut gegen den Verlust der Libido helfen.

 

Reicht die Einnahme von DHEA aus, um den Mangel von DHEA und Testosteron auszugleichen? Wann ist Therapie mit DHEA und wann mit Testosteron sinnvoll? Hängt dies von der Stoffwechselaktivität der Umwandlungsenzyme ab?

Frau Krug: DHEA kann im Körper zu Testosteron und dann zu Estradiol umgewandelt werden (siehe Abb. 2). Wenn bei einer Frau die Erschöpfung im Vordergrund steht, prüfe ich die Blutwerte der Androgene genau. Ist nur DHEA erniedrigt, zeigt dies, dass die Umwandlung zu Testosteron und Estradiol noch gut funktioniert. Ich gebe nur DHEA. Fehlen hingegen sowohl DHEA als auch Testosteron, entscheide ich je nach Schwere der Symptome, ob ich DHEA gebe und abwarte, ob Testosteron in ausreichendem Maße daraus gebildet wird. Bei starker Erschöpfung verordne ich beides.
Es bringt wenig, einer jungen, fruchtbaren Frau nur DHEA zu geben. Ihr Stoffwechsel leitet die Umwandlung noch nicht ausreichend ein. Erst mit der Menopause werden die Enzyme zur Umwandlung von DHEA zu Testosteron und Estradiol vermehrt gebildet. Eine Frau vor und nach den Wechseljahren ist hormonell gesehen stoffwechseltechnisch ein anderer Mensch.

Bioidentische Hormontherapie (BHT) und Prävention

Es gibt Frauen, die sehr gut ohne große Beschwerden die Phase der Perimenopause erleben. Betrachten Sie die Hormonersatztherapie als gesundheits-erhaltend? Wann empfehlen Sie, diese Hormone auch ohne Beschwerden zu substituieren?

Frau Krug: Grundsätzlich orientiere ich mich an den Beschwerden, die die Patientin beschreibt, und behandle sie hormonell entsprechend der Mangelsymptomatik. Dennoch weiß man, dass Hormone nicht nur in der fruchtbaren Lebensphase wichtig sind. Sie prägen auch die Phase des Älterwerdens. Eine BHT kann präventiv vor den nicht ansteckenden chronischen Erkrankungen des Alters angewendet werden. Dazu gehören Arteriosklerose – Folge können Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall sein – Osteoporose, Diabetes, Demenz, Depression und Gebrechlichkeit. Die BHT ausschließlich zur Prävention ist sinnvoll, allerdings gibt es keine offizielle Indikation dafür.

 

Können sich bereits entwickelte Erkrankungen durch die Gabe von Hormonen wieder verbessern, wie z.B. bei Diabetes und Bluthochdruck?

Frau Krug: Ist eine Erkrankung bereits manifest, lässt sich der Verlauf durch eine Hormontherapie in der Regel nicht mehr rückgängig machen. Wenn beispielsweise ein Blutdruckanstieg erst seit wenigen Wochen besteht, kann eine BHT möglicherweise eine Besserung bewirken bzw. eine Reduktion der Blutdruck-Medikamente herbeiführen. Wird die Hormontherapie jedoch frühzeitig begonnen, etwa in der Phase einer beginnenden Insulinresistenz, kann sie dazu beitragen, dass sich diese Entwicklung nicht weiter verschärft. Die Behandlung dieser Erkrankungen ist nicht die primäre Indikation für eine BHT, auch wenn sie präventiv positive Effekte haben kann.

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen der BHT

Mit welchen Nebenwirkungen müssen Frauen, die eine BHT machen, rechnen?

Frau Krug: Bei richtiger Dosierung und regelmäßigen Kontrollen ist nicht mit Nebenwirkungen zu rechnen. Anzeichen für eine Estradiol-Überdosierung sind z. B. Brustspannen oder Gesichtsschwellungen. Progesteron wird in sehr hohen Dosierungen vertragen (z. B. in der Schwangerschaft) und kann äußerst selten zu Schläfrigkeit in der Früh, Schwindel und Blutdruckabfall führen. Testosteron- oder DHEA-Überdosierungen äußern sich durch Pickel, Schweißgeruch und vermehrte Körperbehaarung, insbesondere im Gesicht, unter den Achseln und im Schambereich. Gleichzeitig kann das Kopfhaar lichter werden, was einem androgenen Haarausfall entspricht. Einmal jährlich sollten der Hormonstatus und die Gebärmutterschleimhaut kontrolliert werden.

 

In der Perimenopause nehmen bereits viele Frauen morgens Schilddrüsenhormone oder ihre Diabetes- oder Bluthochdruck-Medikamente. Gibt es bezüglich Wechselwirkungen etwas zu beachten?

Frau Krug: Bevor eine bioidentische Hormontherapie beginnt, sollte die Schilddrüsenmedikation überprüft werden. Durch die zusätzliche Hormonzufuhr steigen die Bindungseiweiße im Blut*, wodurch gegebenenfalls eine höhere Dosierung der Schilddrüsenhormone nötig wird. Bei Diabetes oder Bluthochdruck sehe ich keine relevanten Wechselwirkungen. Im Gegenteil: Wenn sich das allgemeine Befinden verbessert, kann es sogar sein, dass Blutdruckmedikamente reduziert werden können.
*Hormone sind nur aktiv und können wirken, wenn sie nicht an diese Bindungseiweiße gebunden sind.

Beginn und Ende der BHT

Wann sollte eine Frau spätestens mit einer bioidentischen Hormonersatztherapie beginnen?

Frau Krug: Idealerweise sollte eine Frau innerhalb der ersten 10 Jahre nach Verlust der Menstruation oder vor dem 60. Lebensjahr mit der BHT beginnen. Das wird das „Goldene Zeitfenster“ genannt.

 

Und wann sollte sie mit der BHT wieder aufhören?

Frau Krug: Wenn eine Frau während der Perimenopause eine BHT erhält und diese ihr gutgetan hat, sehe ich keinen Grund, ihr die Hormone wieder zu entziehen. Ab der Phase der Postmenopause sind die typischen Beschwerden wie Hitzewallungen oder Schlafstörungen meist abgeklungen. Ab dieser Phase setze ich die Therapie mit einer niedrig dosierten BHT fort, vor allem zur Prävention altersbedingter chronischer Erkrankungen. Wenn die Hormone weiterhin gut vertragen werden und diese das Wohlbefinden unterstützen, kann die BHT langfristig in reduzierter Dosis fortgeführt werden.

BHT in der Postmenopause und im Senium

Ob mit oder ohne einer bioidentischen Hormontherapie haben Frauen in der Postmenopause keine Wechseljahrbeschwerden mehr. Raten Sie jetzt noch, mit einer BHT im Hinblick auf die Prävention vor den nicht ansteckenden chronischen Erkrankungen des Alters zu beginnen?

Frau Krug: Der Hormonmangel bleibt auch dann bestehen, wenn keine akuten Beschwerden mehr vorliegen. Der Körper hat sich lediglich an niedrige Hormonlevel gewöhnt. Fängt eine perimenopausale Frau mit einer BHT an, dann hat das Estradiol eine schützende Wirkung. Fängt dagegen eine postmenopausale Frau damit an, dann hat sie ein erhöhtes Risiko, sowieso wegen ihres Alters an Arteriosklerose zu erkranken. Aus diesem Grund ist Frau mit BHT bezüglich der Arteriosklerose und des Herzinfarktes geschützt, wenn sie im „Goldenen Zeitfenster“ damit beginnt. Das heißt, das „Goldene Zeitfenster“ für eine BHT bezieht sich nur auf die Wirkung von Estradiol und dem Schutz vor arteriosklerotischen Prozessen. Wenn eine 65-jährige postmenopausale Frau zu mir in die Praxis kommt, überprüfe ich ihren Gefäßstatus. Sind bereits arteriosklerotische Prozesse im Gang, bin ich mit Estradiol sehr vorsichtig. Ich habe kein Problem mit der Verordnung von Estriol, DHEA, Progesteron oder Pregnenolon, sofern ein entsprechender Hormonmangel darauf hinweist. Pregnenolon kann, wenn es im höheren Alter (Senium, siehe Abb. 1) gegeben wird, die nachlassende Gedächtnisleistung positiv beeinflussen.

 

Wann ist die Gabe dieser gerade genannten Hormone in der Postmenopause oder im hohen Alter indiziert?

Frau Krug: Eine BHT verordne ich bei Beschwerden infolge eines Hormonmangels während der Perimenopause oder in der Postmenopause und im Senium (siehe Abb. 1) bei eindeutigen Zeichen einer Atrophie (Rückgang von Körpergewebe) aufgrund eines Hormonmangels, wie zum Beispiel Osteoporose oder Muskelschwund. Wenn die Therapie eine spürbare Verbesserung bringt, stellt sich für mich nicht die Frage, warum ich sie beenden sollte.

BHT - Bedenken, Sorgen und Ängste

Hormone und Krebs

Die Hormonersatztherapie ist mit Ängsten verbunden, an Brustkrebs oder Gebärmutterkrebs zu erkranken. Woher kommt dieser Irrglaube? Wie begegnen Sie diesen Ängsten?

Frau Krug: Die Angst geht auf eine 2002 veröffentlichte Studie zurück, in der Frauen Tabletten mit Hormonen aus dem Urin trächtiger Stuten und einem synthetischen Gestagen erhielten. Ziel war es, deren Schutzwirkung vor Arteriosklerose und Krebs zu untersuchen. Das Ergebnis war zunächst alarmierend. Die Frauen erkrankten häufiger an Brustkrebs, Herzinfarkten und Schlaganfällen. Daraufhin wurde Frauen in den Wechseljahren von einer Hormonersatztherapie abgeraten. 2016 revidierten die Studienautoren ihre Ergebnisse mit der Begründung, die Teilnehmerinnen waren mit durchschnittlich 63 Jahren zu alt. Betrachtete man nur die an der Studie teilnehmenden Frauen, die um die 50 Jahre alt waren – also in der Phase der Perimenopause  – zeigte sich sogar ein gesundheitlicher Vorteil durch ein geringeres Risiko für Brustkrebs und Herzinfarkt im Vergleich zur Placebogruppe. Noch klarer fällt dieser Effekt in neueren Studien aus. Wenn ausschließlich bioidentische Hormone (Estradiol transdermal, Progesteron oral) im „Goldenen Zeitfenster“ angewendet werden, kann die BHT Brustkrebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie die weiteren nicht ansteckenden chronischen Erkrankungen des Alters effektiv vorbeugen. Die Ängste von damals wirken jedoch bis heute nach – meines Erachtens leider unbegründet.

Wie gehen Sie mit Frauen ohne Brustkrebs, aber mit familiärer Vorbelastung um?

Frau Krug: Laut Leitlinien stellt eine familiäre Vorbelastung keinen Hinderungsgrund für eine Hormontherapie dar. Es ist wichtig, offen über das Risiko zu sprechen, doch dieses wird durch eine BHT nicht erhöht.

Der Beipackzettel von Fertigarzneimitteln mit bioidentischen Hormonen

Wenn man den Beipackzettel von Medikamenten mit bioidentischen Hormonen liest, stehen dort viele Nebenwirkungen, die bioidentische Hormone nach Ihrer Aussage nicht haben. Warum stehen diese dennoch in den Beipackzetteln?

Frau Krug: Bevor ich eine Erstverordnung für eine BHT ausstelle, informiere ich meine Patientinnen ausführlich über diese Arzneimittel – auch mithilfe eines kleinen Merkblatts. Darin steht zum Beispiel, dass der Beipackzettel von Gynokadin® Gel (mit Wirkstoff Estradiol) Nebenwirkungen wie z.B. Brustkrebs und Thrombose nennt, die für die orale, nicht aber für die transdermale Estradiol-Anwendung gelten. Bei Progesteron-Kapseln wie beispielsweise Utrogest® oder Progestan® sind viele Aussagen im Beipackzettel zum Teil aus rechtlichen Gegebenheiten definitiv falsch. Sie beziehen sich auf synthetische Gestagene, zu denen bioidentisches Progesteron fälschlicherweise gezählt wird. Alle synthetischen Gestagene besitzen wie bioidentisches Progesteron einen sehr guten Gebärmutterschutz. Ansonsten wirkt bioidentisches Progesteron ganz anders. Es schützt vor Thrombosen, Brustkrebs und Depressionen.

Gegenanzeigen einer BHT

Wann ist eine BHT kontraindiziert?

Frau Krug: Nicht empfohlen wird eine BHT bei hormonabhängigen Tumoren. Wenn bereits aufgrund arteriosklerotischer Prozesse ein Schlaganfall oder Herzinfarkt eingetreten ist, erhöht eine Therapie mit Estradiol das Rückfallrisiko. Meines Erachtens können andere bioidentische Hormone wie Estriol, Progesteron, DHEA, Testosteron oder Pregnenolon bei regelmäßiger Laborkontrolle weiterhin Anwendung finden.

BHT mit pflanzlichen Präparaten

Empfehlen Sie als erfahrene Phytotherapeutin pflanzliche Wirkstoffe, um einen Mangel an Progesteron und Östrogen auszugleichen?

Frau Krug: Die meisten pflanzlichen Wirkstoffe wie Agnus castus, die Traubensilberkerze oder der sibirische Rhabarber haben eine ausgleichende Wirkung. Sie stoßen aber alle an ihre Grenzen, wenn sich ein deutlicher Hormonmangel abzeichnet. Gegen diese Mangelsymptome helfen dann nur die bioidentischen Hormone.

 

Wie sieht es mit den Kosten aus – was übernimmt die Krankenkasse?

Frau Krug: Einige Fertigarzneimittel werden je nach Indikation von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. DHEA hingegen ist grundsätzlich privat zu zahlen. Auch bestimmte Blutwerte sind keine Kassenleistung. Insgesamt ist die BHT in Prä-, Peri- und Postmenopause in weiten Teilen eine Selbstzahlerleistung.

 

Das klingt für mich ähnlich wie bei der ärztlichen Verordnung einer Brille. Sie ist keine Kassenleistung mehr, und man zahlt diese aus dem eigenen Geldbeutel. Eine Sehhilfe ist nicht lebensnotwendig, steigert aber die Lebensqualität erheblich. Wie ordnen Sie die bioidentische Hormontherapie insgesamt ein?

Frau Krug: Ganz ähnlich! Ich bezeichne sie als Wellaging. Gut geschulte Therapeut:innen oder Hormoncoachs erkennen allgemeine und individuelle Beschwerden des Hormonmangels. Sie können eine entsprechende Therapie mit bioidentischen Hormonen gut betreuen und begleiten. Dem Älterwerden in Gesundheit kann Frau deutlich gelassener entgegengehen.

 

Frau Krug, ganz herzlichen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch!

Das Interview führte unsere Klösterl-Redakteurin

Bettina Wadewitz

Apothekerin