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Nebenniere und Schilddrüse: Regler des Energiestoffwechsels

1997 wurde zum letzten Mal das Testbild im Fernsehen ausgestrahlt. Fernseh- oder Radiosender kennen seitdem keine „Sendepause“ mehr und bieten rund um die Uhr Unterhaltungsprogramm an. „24/7“ ist das neue Schlagwort unserer Zeit. 24 Stunden am Tag an 7 Tagen der Woche stehen uns viele Dienstleistungen zur Verfügung, wie zum Beispiel Tankstellen und Fast-Food-Ketten.

 

Das 24/7-Prinzip

Unser Körper kennt das 24/7-Prinzip schon lange. An unserem Herz spüren wir das am meisten. Es schlägt mal schneller, mal langsamer, aber 24/7. In unserem Körper laufen alle Stoffwechselvorgänge in gleicher Weise ab, aber unbemerkt. Was für alle Abläufe nicht fehlen darf, ist Energie. Aber wer ist der Motor, der dafür sorgt, dass alle Stoffwechselvorgänge in einer bestimmten Geschwindigkeit ablaufen können? Wer entscheidet, dass ausreichend Bausteine zur Energiegewinnung für diese Stoffwechselvorgänge vorhanden sind? Was ist, wenn wir kurzfristig Höchstleistung bringen müssen? Ist unser Organismus in der Lage, in den „Turbomodus“ umzuschalten?

Hormone

Die Schilddrüse und die Nebenniere gehören zu unserem Hormonsystem (siehe Abbildung „Vereinfachte Darstellung des hormonellen Regelkreises von Schilddrüse und Nebennierenrinde“). Die zu diesem System gehörenden Organe, auch Hormondrüsen genannt, bilden Hormone und schütten diese als Botenstoffe in das Blut, wo sie durch den Körper zirkulieren. Erreichen sie ihren Wirkort (siehe Abbildung „Vereinfachte Darstellung des hormonellen Regelkreises von Schilddrüse und Nebennierenrinde“, „Zielorgan“), regen sie konzentrationsabhängig Stoffwechselfunktionen an.

Für die Regulation der verschiedenen Hormonspiegel stehen im Gehirn zwei übergeordnete Zentren bereit: Der Hypothalamus (HT) und die Hypophyse (HP). Sie geben auch Botenstoffe in die Blutbahn ab, um die Hormondrüsen zu aktivieren. Sind die Hormone in ausreichender Menge vorhanden, regulieren sich die Botenstoffe von HT und HP wieder herunter.

Die Nebenniere

Die zweipaarig angeordneten Nebennieren sitzen wie zwei Mützen auf den Nieren oben auf. Untergliedert wird jede Nebenniere in das Nebennierenmark und in die Nebennierenrinde (siehe Abbildung „Aufbau der Nebenniere sowie ihre gebildeten Hormone“).


Im Mark findet die Produktion der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin statt. Diese Hormone versetzen den Körper in Alarmbereitschaft. Herzrasen, erhöhte Wachsamkeit, Abbau der Kohlenhydratspeicher und damit ausreichend Glucose als Ausgangsstoff zur Energiegewinnung sind einige Merkmale, mit denen uns unser Organismus bei Gefahr auf eine Reaktion vorbereitet (u.a. Kampf, Flucht, Erstarren).

Die Rinde besteht aus drei Zonen, in denen die Synthese verschiedener Steroidhormone stattfindet. Ausgangssubstanz für alle diese Hormone ist Pregnenolon, das aus Cholesterol entsteht:

  • Äußere Schicht: In der Zona glomerulosa wird Aldosteron, ein Mineralocorticoid produziert. Über die Regulation des Wasser- und Salzhaushalts mit Hilfe der Niere passt Aldosteron den Blutdruck an.
  • Innere Schicht: Neben den Geschlechtsorganen bildet die Zona reticularis DHEA sowie weitere Hormonvorstufen. Diese Prohormone werden in den peripheren Geweben zu den aktiveren Sexualhormonen Testosteron und Östrogen umgewandelt.
  • Mittlere Schicht: Die Zona fasciculata ist der Ort für die Synthese von Cortisol, einem Glucocorticoid. Cortisol ist neben Adrenalin als Stresshormon bekannt. Die Vorstellung, Cortisol wird nur in Stress-Situationen ausgeschüttet, stimmt so nicht.

Cortisol

Für die Aufrechterhaltung der wichtigsten Lebensfunktionen wird dieses Hormon über den Tag in bestimmten Konzentrationen ausgeschüttet. Beim morgendlichen Aufwachen ist der Cortisolspiegel am höchsten, genau dann, wenn wir damit beginnen, Leistung abzurufen. Cortisol sorgt für die Erhöhung des Blutzuckerspiegels, indem es den Appetit und die Verdauung anregt und auf die Zuckerreserven in der Leber zurückgreift. Auch kommt es zu einem Umbau der Energiereserven. Eiweiß aus den Muskeln wird zu Glucose umgewandelt. Die Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse wird dagegen gedrosselt, damit der Zucker nicht wieder aus dem Blut in die Zellen transportiert und dort gespeichert wird. Nun steht zur Gewinnung von Energie genug Ausgangsstoff für alle Körperzellen zur Verfügung. Über den weiteren Verlauf des Tages schüttet die Nebenniere immer weniger Cortisol aus, bis der Blutspiegel gegen Mitternacht auf das Minimum abgesunken ist. Die lebensnotwendigen Körperfunktionen gehen in den Ruhe- und Energiesparmodus. Mit Beginn der Schlafphase startet das Regenerationsprogramm aller Körperzellen.

Die Turbofunktion

Zerplatzt ein Luftballon, erschrecken wir uns gehörig. Wird der Körper besonders beansprucht, kann sich die Cortisol-Ausschüttung kurzfristig deutlich erhöhen. Ziel ist es, den Körper in dieser Phase leistungsfähiger zu machen. Da darf Energie in Form von Glucose nicht fehlen. Bei kurzfristigem Stress aktiviert Cortisol Immunzellen, die unspezifisch gegen Keime vorgehen. Evolutionsbiologisch lässt sich das folgendermaßen erklären: Fühlte der Neandertaler sich bedroht, schaltete sein Körper auf Flucht oder Kampf um. Dabei war die Gefahr hoch, sich zu verletzen. Mithilfe des angestiegenen Cortisolspiegels war er energetisch gut versorgt und das Immunsystem bereit, die Keime unschädlich zu machen, die in eine offene Wunde gelangen könnten.

Kooperation zwischen Rinde und Mark

Der erhöhte Cortisol-Blutspiegel sorgt auch dafür, dass das Mark der Nebenniere vermehrt Adrenalin freisetzt, das synergistisch, wie oben beschrieben, auf die Bedrohung reagiert. Nach Einschätzung der Situation als „nicht lebensbedrohlich“ begibt sich das System wieder in den Normalzustand. Die negativen Rückkopplungsmechanismen über die übergeordneten Regionen des Gehirns sorgen dafür, dass keine weitere Cortisol- und Katecholamin-Ausschüttung erfolgt.

Schilddrüse

Die schmetterlingsförmige Schilddrüse, lokalisiert im Hals, bildet die Hormone Levothyroxin (T4) und Liothyronin (T3). Schilddrüsenhormone wirken in fast jeder Körperzelle. Sie regulieren den Energieumsatz – also unseren Kalorienverbrauch –, die Körpertemperatur und das Körpergewicht. Je mehr T3 im Blut vorhanden ist, desto mehr Energie wird in jeder Zelle umgesetzt. Die Aktivität von Herz, Kreislauf und Verdauung hängt von der Konzentration der Schilddrüsenhormone ab, die über die Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse wieder ausbalanciert wird.

Notbremse

Die Schilddrüse und die Nebennieren arbeiten ganz eng zusammen. Die Schilddrüse ist der Motor, der alle oben beschriebenen Körperfunktionen zum Laufen bringt und das Tempo dafür festlegt. Die Nebennieren liefern den Brennstoff für die Gewinnung der dafür benötigten Energie. Doch überdrehen sollte der Motor nicht. Über den hormonellen Regelkreis drosselt die Schilddrüse beispielsweise die Ausschüttung von T4 und T3, wenn der Blutspiegel von Cortisol erhöht ist. Dieser Schutzmechanismusient dazu, dass der Energiestoffwechsel nicht überlastet wird und wir uns völlig verausgaben. Auch DHEA aus der Nebenniere ist ein Gegenspieler des Cortisols und erhöht die Stresstoleranz.

Jedes System hat seine Grenzen. Auch wenn unser Körper 24/7 in Betrieb ist: Phasen der Regeneration müssen sein. Mit ausreichend Schlaf können wir unserem Körper diese Erholung ermöglichen. Über Atemübungen nehmen wir das Tempo raus, der Herzschlag und damit alle Stoffwechselvorgänge verlangsamen sich. Tanken wir regelmäßig innerlich auf, dann sprühen wir geradezu wieder vor neuer Lebensenergie.

Autorin

Bettina Wadewitz

Apothekerin