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Starkes Trio: Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse

Die Darm-Hirn-Achse wird von der Wissenschaft zwar erst seit wenigen Jahren systematisch untersucht, im Volksmund ist sie jedoch längst unumstritten. So handeln wir zum Beispiel aus dem Bauch heraus, wenn wir spontan etwas entscheiden, oder haben Schmetterlinge im Bauch, wenn wir uns freuen oder verliebt sind. Fachleute beschreiben diese Beziehung zwischen Darm und Gehirn etwas ausführlicher. Sie sprechen von einer wechselseitigen Beeinflussung der beiden Organe und einer komplexen Kommunikation, an der Nervensystem, Hormone, Stoffwechsel, Immunsystem und Mikrobiom beteiligt sind. Dieser Austausch läuft nicht, wie man lange dachte, einspurig, indem das zentrale Nervensystem die Verdauung reguliert – er hat sogar eine deutlich breitere Gegenspur, auf der Informationen aus dem Darm zum Gehirn gelangen und dessen Funktion mit beeinflussen.

 

Von Anfang an eng verbunden

Bauch- und Kopfhirn entwickeln sich nach der Befruchtung des Eis in der frühen Schwangerschaft aus dem gleichen Gewebe. Während sich mit Gehirn und Rückenmark das zentrale Nervensystem bildet (Kopfhirn), reift im Darm ebenfalls ein Nervensystem heran, das sogenannte enterische Nervensystem (Bauchhirn).

Dieses Nervensystem arbeitet ganz unabhängig von den Schaltzentralen in unserem Kopf, indem es die Motorik im Darm, seine Durchblutung und die Freisetzung von Botenstoffen aus den Darmzellen steuert. Es besteht aus mindestens 100 Millionen Nervenzellen und kommuniziert nicht nur mit dem zentralen Nervensystem, sondern auch mit dem Immunsystem und dem Mikrobiom im Darm.

Über den zehnten Hirnnerv, dem Vagusnerv, steht der Darm mit dem zentralen Nervensystem in Verbindung. Der Vagusnerv zieht vom Hirnstamm durch das Rückenmark zu den Bauchorganen und steuert die Verdauung. Nehmen wir Nahrung auf, erfährt das Gehirn auf schnellstem Wege, um was es sich handelt, und kann umgehend die Ausschüttung der erforderlichen Verdauungssäfte veranlassen. Gleichzeitig sorgt es über den Vagusnerv für Ruhe und Entspannung im gesamten Körper, so dass es nicht nur allzu verständlich ist, dass man sich nach dem Essen gerne ein Weilchen hinlegen würde, was auch ausgesprochen sinnvoll ist, denn so kann sich alle Energie auf die Verdauung konzentrieren. Bei dieser Gelegenheit spüren wir die Darm-Hirn-Achse tagtäglich mitunter sehr deutlich.

Das Mikrobiom: das dritte Rad am Roller

Inzwischen weiß man, dass das Mikrobiom im Darm ebenfalls mit dem Darm und dem Gehirn kommuniziert. Eigentlich kein Wunder, denn im Körper kann man viel mehr Erbgut vom Mikrobiom nachweisen als menschliche DNA. Das Mikrobiom hat zahlreiche Aufgaben im Darm (s. Kasten), beeinflusst aber auch die Struktur, Funktion und Entwicklung des Gehirns. Damit nimmt es beispielsweise Einfluss auf Wohlbefinden, Informationsverarbeitung, Lernen und Gedächtnis. Deshalb sprechen viele Experten heute nicht mehr von der Darm-Hirn-Achse, sondern präziser von der Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse (s. Abbildung „Die Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse“).


Funktionen des Mikrobioms im Darm

 

Nähr- und Stoffwechselfunktion:

  • Bereitstellung der Nährstoffe, die das Wachstum günstiger Bakterien im Darm fördern
  • Regulation der Aufnahme von Nährstoffen in den Organismus → Steuerung von Appetit, Gewicht und Energie

 

Schutz- und Barrierefunktion:

  • Regulation des Milieus im Darm, z. B. durch Freisetzung von Wasserstoffsuperoxid, Milchsäure und kurzkettigen Fettsäuren
  • Abwehr von schädigenden Keimen
  • Regulation der Freisetzung von Botenstoffen aus Immunzellen → Einfluss auf die Entzündungen im Körper und auf das Nervensystem
  • Aufbau einer schützenden Schleimschicht auf der Oberfläche der Darmschleimhaut → Regulation der Durchlässigkeit der Darmschleimhaut

 

Immunfunktion:

  • Training der Abwehrzellen
  • Anlocken von Antikörpern

Die Kommunikation von Mikrobiom, Darm und Gehirn wird durch zahlreiche Botenstoffe ermöglicht. Hierzu gehören unter anderem Serotonin, Dopamin, die Gamma-Amino-Buttersäure (GABA), Acetylcholin und Noradrenalin. Werden sie von den Darmzellen oder dem Mikrobiom ausgeschüttet, können sie über das limbische System, das im Gehirn unter anderem Emotionen, Antrieb und Gedächtnis steuert, ebenso die Stimmung beeinflussen wie die entsprechenden, aus den Nervenzellen freigesetzten Stoffe. Zugleich beeinflusst ihre Bereitstellung die Darmgesundheit und die Zusammensetzung des Mikrobioms. Denn nur ein gewisser Teil der Bakterien im Darm ist lebenslang und bei allen Menschen gleich oder genetisch festgelegt. Diese Bakterien siedeln sich in den ersten Lebensjahren an. Ein anderer Teil des Mikrobioms verändert sich dagegen und reagiert auf die aktuelle Lebenssituation. Seine Formation variiert beispielsweise bei Stress und hängt von der Ernährung oder einer Medikamenteneinnahme ab. Dieser Anteil des Mikrobioms lässt sich demnach durch eine Anpassung des Lebensstils oder der äußeren Umstände beeinflussen – zum Guten wie zum Schlechten, nicht nur für das zentrale Nervensystem im Gehirn.

Starkes Trio: Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse

Darm, Mikrobiom und Psyche beeinflussen sich wechselseitig

Wahrscheinlich hat es jeder schon erlebt, dass man vor Aufregung nichts essen konnte oder ständig zur Toilette rennen musste, um den Darm zu entleeren. Zum Glück hält das körperliche Missempfinden meist nicht lange an. Indem der Darm zusätzlich zu einer Anbindung an das zentrale Nervensystem über ein eigenes Nervensystem verfügt, ist gewährleistet, dass das Gleichgewicht im Körper in akuten Belastungssituationen über unterschiedliche Mechanismen schnell wieder hergestellt werden kann. Langfristig begünstigen die Stresshormone Noradrenalin und Adrenalin jedoch eine Fehlbesiedelung des Darms und haben damit auch über die Darm-Hirn-Achse einen negativen Einfluss auf die Gesundheit des gesamten Organismus. Dadurch können wiederum vermehrt Botenstoffe freigesetzt werden, die das entstandene Ungleichgewicht im Darm fördern. Ein Teufelskreis entsteht.

Serotonin aus dem Darm für gute Laune

Serotonin dagegen ist ein Gegenspieler des Stresshormons Cortisol und wirkt entspannend. Unabhängig davon, ob es im zentralen Nervensystem oder im enterischen Nervensystem gebildet wird, reguliert es unter anderem den Appetit und die Darmmotorik. Der größte Anteil des Serotonins wird jedoch im Darm und nicht im Gehirn gebildet. Ausgehend vom Darm hat Serotonin nicht nur Einfluss auf Zufriedenheit, Schlaf und Verdauung, sondern auch auf die Blutplättchen (Thrombozyten), das Immunsystems, die Herzfunktion und die Knochengesundheit. Ob im Darm viel oder wenig Serotonin freigesetzt wird, hängt auch von der Zusammensetzung des Mikrobioms ab. Es wird vermutet, dass einige Bifidobakterien im Darm in der Lage sind, vermehrt Vorstufen von Serotonin bereit zu stellen, und dass sie so den Darm bei der Serotoninsynthese unterstützen. Bestimmte Corynebakterien und Escherichia coli können Serotonin sogar selbst bilden. Sie gehören daher zu den nützlichen Darmbakterien.

Mutig durch den Alltag dank GABA aus dem Darm

Zudem können verschiedene Lactobazillen und Bifidobakterien das Salz der Glutaminsäure, einer Aminosäure, in Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) umwandeln. Dieser Botenstoff wirkt im zentralen Nervensystem dämpfend und kann einerseits die Stimmung heben und andererseits Ängste lösen. Ferner beeinflusst GABA die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke. Diese Barriere verhindert, dass Stoffe, die dem Gehirn möglicherweise schaden können, gar nicht erst hineingelangen. Somit trägt die Zusammensetzung des Mikrobioms nicht nur zur Gesundheit des Gehirns bei, sie entscheidet auch darüber, in welchem Ausmaß Ängste entstehen.

Darm, Mikrobiom, Immunsystem und Gesundheit

Die Zusammensetzung der Bakterien im Darm kann folglich neben Erkrankungen im Verdauungstrakt auch Erkrankungen der Psyche oder des Nervensystems begünstigen. Mittlerweile werden Depressionen, Ängste, Verhaltens- und Bewegungsstörungen, Schlaganfälle, neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Demenz sowie neuroimmunologische Erkrankungen wie Entzündungen der Hirnhäute und der Nerven oder Nervenwurzeln mit dem Mikrobiom in Verbindung gebracht. Die Forschung hierzu steckt zwar noch in den Kinderschuhen, es ist jedoch davon auszugehen, dass zusätzlich das Immunsystem über Mikrobiom, Darm und Nervensystem an der Entstehung der Erkrankungen mitbeteiligt ist. Das Mikrobiom steht an der Oberfläche der Darmschleimhaut in unmittelbarem Kontakt mit dem Immunsystem. Hier trägt ein gesundes Mikrobiom etwa dazu bei, dass das Immunsystem zwischen Freund und Feind unterscheiden lernt. Gleichzeitig verringert es die Neigung zu Entzündungen im gesamten Organismus.

Umgekehrt begünstigt eine Fehlbesiedelung, z. B. bedingt durch Stress oder Ernährungsfehler, Entzündungen, eine Abnahme der Schleimschicht und eine Veränderung der Durchlässigkeit der Darmschleimhaut. Mögliche Folgen können neben chronischen Entzündungen, Reizdarm, Stimmungsschwankungen und den bereits erwähnten Erkrankungen des Nervensystems weitere Beschwerden sein wie Allergien, Autoimmunerkrankungen, Fettstoffwechselstörungen, Hauterkrankungen und Migräne. Gründe können ein Ungleichgewicht der Immunzellen, insbesondere der T-Helferzellen und eine versteckte Entzündung sein, die durch Störungen der Mikrobiom-Darm-Hirn-Achse begünstigt werden.

 

Gesundheit beginnt daher mit einem gesunden Darm.

Autorin

Sabine Ritter

Apothekerin und Heilpraktikerin