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Darm in Aufruhr: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) ist der Darm wiederholt schubweise oder dauerhaft entzündlich verändert. Ähnlich wie ein ausgetrockneter Boden, der die Saat nicht mehr mit Wasser versorgen kann, kann ein durch eine solche chronisch-entzündliche Darmerkrankung geschwächter Darm dann unter Umständen den Organismus nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgen.

 

Die beiden häufigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sind der Morbus Crohn und die Colitis ulzerosa, seltener ist die kollagene Kolitis. Die Betroffenen leiden unter zum Teil blutigen Durchfällen oder Verstopfung. Zusätzlich treten aber auch Symptome außerhalb vom Darm auf, wie zum Beispiel Gelenkschmerzen oder Gelenkentzündungen (siehe Übersichten).


Übersicht chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, Teil 1, Colitis ulzerosa

 

Lokalisation und Ausbreitung: Schleimhaut kontinuierlich vom Rektum in weitere Dickdarmabschnitte

Symptome: Blutig-schleimige Durchfälle

Mögliche Begleit- und Folgeerkrankungen: Eisenmangel, Gelenkschmerzen und -entzündungen (Arthritis, Morbus Bechterew), Entzündungen der Augen, der Mundschleimhaut oder der Gallenwege, Hauterkrankungen, Tumore

Mögliche Komplikationen: Starke Blutungen, Erweiterung des Dickdarms mit starker Entzündung (toxisches Megakolon)

Mögliche Ursachen: Genetische Veranlagung, Veränderung des Mikrobioms, Medikamente, Rauchen, evtl. Ernährung, Infektionen und psychosomatische Komponenten


Ungefähr 250 bis 500 von 100.000 Personen erhalten die Diagnose Morbus Crohn, 40 bis 80 pro 100.000 Einwohner*innen leiden unter Colitis ulzerosa – sie erkranken meist im jungen Erwachsenenalter. Die viel seltenere kollagene Kolitis betrifft überwiegend Frauen, bei denen die Erkrankung häufig erst in der zweiten Lebenshälfte auftritt. Bis heute ist noch nicht komplett geklärt, warum chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ausbrechen. Neben einer angeborenen Veranlagung, Infektionen des Darms und der Einnahme von Medikamenten können vermutlich Ernährungsgewohnheiten und das Rauchen die Erkrankungen fördern (s. Übersichten).


Übersicht chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, Teil 2, Morbus Crohn

 

Lokalisation und Ausbreitung: Darmwand diskontinuierlich vom letzten Dünndarmabschnitt bis in den Dickdarm

Symptome: Bauchschmerzen, Durchfall meist ohne Blut, evtl. tastbare Verhärtungen im rechten Unterbauch

Mögliche Begleit- und Folgeerkrankungen: Eisen-, Zink- und Calciummangel, Vitamin B12-Mangel, Mangel an fettlöslichen Vitaminen, erhöhte Thromboseneigung, Gelenkschmerzen und -entzündungen (Arthritis), Osteopenie oder Osteoporose, Entzündungen der Augen, der Mundschleimhaut und der Gallenwege, Hauterkrankungen, Nierensteine, Tumore

Mögliche Komplikationen: Fisteln, Hauteinrisse, Abszesse, Engstellen im Darm

Mögliche Ursachen: Genetische Veranlagung, Störung der Barrierefunktion mit Veränderung des Mikrobioms, Ernährungsgewohnheiten, Rauchen, Antibiotika-Einnahme in der Kindheit und Jugend, evtl. Antibabypillen-Einnahme und psychosomatische Komponenten


Defekt und entzündet

Die Oberfläche des Darms trennt die mit der Nahrung und den Getränken aufgenommenen Bestandteile vom Körperinneren. Auf diese Weise übt der Darm eine Barrierefunktion aus. Diese Barriere setzt sich aus der Darmflora und der Schleimhaut mit ihrer lückenlosen Zellkette an ihrer Oberfläche zusammen. Viele Darmbakterien übernehmen hier wichtige Funktionen, indem sie beispielsweise Milchsäure und andere kurzkettige Fettsäuren bilden, die den pH-Wert im Darm stabil halten und vor Entzündungen schützen. Gleichzeitig nähren die kurzkettigen Fettsäuren die oberste Zellschicht der Darmschleimhaut, das Epithel. Andere Darmbakterien sorgen für die Bildung und den Erhalt einer Schleimschicht auf der Oberfläche der Darmschleimhaut, die einerseits Nährstoffe für die Darmbakterien liefert und andererseits eine zusätzliche, wichtige Barrierefunktion übernimmt. Darüber hinaus trägt die Darmflora zur Abwehr von Erregern bei und unterstützt sowohl das Immun- als auch das Nervensystem.


Übersicht chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, Teil 3, Kollagene Kolitis

Lokalisation und Ausbreitung: Kollagenschicht in der Wand von Dickdarm, letztem Dünndarmabschnitt und Magen

Symptome: unblutige, wässrige Durchfälle

Mögliche Begleit- und Folgeerkrankungen: Stellenweise Verdickung der Kollagenschicht in der Darmwand und Einlagerung von Flüssigkeiten, Blähungen, Bauchkrämpfe, Gewichtsverlust, Gelenkentzündungen (Arthritis), Schilddrüsenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen wie Zöliakie, Diabetes mellitus Typ1 oder Schuppenflechte

Mögliche Komplikationen: Dehydrierung, Stuhlinkontinenz

Mögliche Ursachen: Infektionen, Medikamenteneinnahme, Rauchen, Übergewicht


Bei Patient*innen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist diese Barrierefunktion des Darms gestört. Die Zusammensetzung des Mikrobioms ist verändert, die Schleimschicht deutlich dünner als bei gesunden Menschen und die Durchlässigkeit der Schleimhautoberfläche zu groß. In dem veränderten Milieu können pathogene Bakterien gedeihen und die gesunde Darmflora weiter verdrängen. All dies begünstigt das Entstehen und den Fortbestand von Entzündungen mit Auswirkungen weit über den Darm hinaus. Betroffen sind nicht nur das Immun- und Nervensystem, sondern auch andere Organe. Im Laufe der Zeit entstehen Begleit- und Folgeerkrankungen der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, die sich dann unter Umständen am Bewegungsapparat, in den Augen oder an der Haut zeigen.

Darm in Aufruhr: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Chronische Entzündungen im Darm und ihre Folgen

Eine direkte Auswirkung der Entzündungen, Durchfälle und Blutverluste für die Erkrankten besteht darin, dass sie nicht ausreichend mit lebensnotwendigen Nährstoffen versorgt sind. Bildlich kann man sich den Darm dabei wie einen trockenen Boden vorstellen, wobei der Boden kein Regenwasser aufnehmen und der Darm keine Nährstoffe abgeben kann, sodass langfristig der ganze Organismus nicht mehr richtig versorgt wird. Da Nährstoffe vor allem im Dünndarm aufgenommen werden und dieser bei Morbus Crohn und kollagener Kolitis schon im Frühstadium betroffen sein kann, können Mangelerscheinungen bei diesen Erkrankungen früher und ausgeprägter ausfallen als bei Patient*innen mit Colitis ulzerosa.

Während ein Mangel an Eisen häufig bei Colitis ulzerosa und Morbus Crohn beobachtet wird, ist eine Unterversorgung mit Calcium, Zink und Vitaminen wie Vitamin B12 und den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K bei Morbus Crohn oder kollagener Kolitis wahrscheinlicher. Meist fühlen sich die Betroffen durch den Mangel an diesen lebensnotwendigen Vitaminen und Mineralstoffen müde und erschöpft. Der Eisen- und Vitamin B12-Mangel wirkt sich direkt auf die Bildung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und den Hämoglobin-Wert (Hb-Wert) aus. Werden nicht ausreichend Erythrozyten gebildet, wird weniger Sauerstoff zu den Organen transportiert. Fehlen die anderen Vitamine und Mineralstoffe, beeinträchtigt dies langfristig die Immunabwehr sowie die Gesundheit der Augen, der Haut, der Nerven und der Knochen. Zudem leisten Zink und die fettlöslichen Vitamine A, D und E einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen die bestehenden Entzündungen.

 

Bedingt durch die Entzündung ist das Immunsystem im Daueralarm und schüttet proentzündliche Botenstoffe im Übermaß aus. Dabei ist eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, der sogenannten T-Lymphozyten, besonders aktiv. Zu diesen Immunzellen gehören die T-Helferzellen. Sie sind darauf spezialisiert, Fremdkörper aufzuspüren. Während T-Helferzellen 1 (TH1) auf das Erkennen von Erregern spezialisiert sind, steuern die T-Helferzellen 2 (TH2) die Bildung von Antikörpern gegen körperfremde Stoffe. Haben die Helferzellen einen fremden Stoff identifiziert, schütten sie Botenstoffe aus, sogenannte Zytokine, die andere Immunzellen aktivieren. Beide T-Helferzellen-Typen verfolgen das gleiche Ziel, hemmen sich aber gegenseitig über die Botenstoffe, die sie ausschütten.

Darm in Aufruhr: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen kommt es langfristig zu einer Dominanz der T-Helferzellen 2 (TH2) gegenüber den T-Helferzellen 1 (TH1). Im Zusammenhang mit dieser TH2-Dominanz werden vermehrt Autoimmunerkrankungen oder allergische Erkrankungen beobachtet, die auf Autoantikörper zurückgeführt werden können. Solche aus einer Überreaktion des Immunsystems und dessen Fehlsteuerung entstandene Antikörper gehen gegen körpereigenes Gewebe sowie den Körper nicht schädigende  Fremdstoffe vor. Arthritis, Morbus Bechterew, Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse wie Morbus Hashimoto oder Morbus Basedow, aber auch eine Schuppenflechte sind daher mögliche langfristige Folgen einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung.

Medikamente und Heilpflanzen für einen gesunden Darm

Für die Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen stehen mittlerweile zahlreiche effektive Arzneistoffe zur Verfügung. Während eines akuten Schubs fokussiert die Therapie darauf, die Entzündung zu hemmen und das Immunsystem zu modulieren. Im zweiten Schritt versucht man dann weitere Krankheitsschübe zu verhindern. Mitunter müssen die Medikamente ein Leben lang genommen werden, um die Entzündung dauerhaft unter Kontrolle zu halten.

Sechs Richtige bei Morbus Crohn

Auch einige Heilpflanzen haben sich in der Begleittherapie – insbesondere beim Erhalt der entzündungsfreien Phasen – bewährt. So profitieren Patient*innen mit Morbus Crohn vor allem von der Blutwurz, von Flohsamen, Heidelbeere, Kamille, Oliven-Extrakt und Weihrauch, wobei die Arzneipflanzen unterschiedliche Effekte haben. Flohsamen binden aufgrund ihres Gehalts an Schleimstoffen Wasser. Schleimstoffe sind Polysaccharide, die ein Gel bilden, das sowohl bei Durchfällen als auch bei Verstopfung wirksam ist. Es bindet überschüssige Flüssigkeiten und befeuchtet. Blutwurz und Heidelbeere lindern ebenfalls Durchfälle. Entzündungshemmend an der Schleimhaut wirken Blutwurz, Heidelbeere, Kamille, Oliven-Extrakt und Weihrauch. Ergänzend werden die verdauungsfördernden Eigenschaften von Pfefferminze und Wermut von den Betroffenen oftmals als wohltuend empfunden.

Pflanzliche Helfer bei Colitis ulzerosa

Neben Blutwurz, Heidelbeere, Kamille, Oliven-Extrakt, Pfefferminze und Weihrauch tragen bei Colitis ulzerosa weitere Kräuter zur Kontrolle der Symptome bei. Hierzu gehören die entzündungshemmenden Potentiale von Ananas-Enzymen (Bromelain), Gelbwurz (Curcumin), Grüntee-Extrakt und Myrrhe, sowie die verdauungsfördernden Effekte von Kümmel und Melisse. Darüber hinaus können Leinsamen zum Erhalt oder Wiederaufbau der Schleimschicht und damit der Barrierefunktion beitragen. Gleichzeitig nähren sie das gesunde Mikrobiom im Darm. Grüntee-Extrakte, Myrrhe und Leinsamen können ferner Durchfälle reduzieren.

Entzündungshemmend wirken bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zudem Omega-3-Fettsäuren, während die Aminosäure L-Glutamin die Wiederherstellung der intakten Schleimhaut fördert. All diese Begleitmaßnahmen sollten immer mit der medikamentösen Therapie abgestimmt werden.

Leben mit einem chronisch entzündeten Darm

Patient*innen mit einer familiären Vorbelastung und Betroffene von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sollten alles vermeiden, was Entzündungen begünstigt. Sie sollten nicht rauchen und eine pflanzenbasierte Vollwertkost mit viel Obst, Gemüse, Nüssen, pflanzlichen Ölen und Ballaststoffen bevorzugen. Dabei gibt es keine spezielle Diät zu beachten, vielmehr sollten die Betroffenen alles essen, was ihnen guttut, und meiden, was ihnen nicht bekommt. Obst, Gemüse, Nüsse und Öle liefern nicht nur wichtige Nährstoffe, die Entzündungen hemmen, zusammen mit Ballaststoffen aus Vollkorngetreide nähren sie auch das gesunde Mikrobiom im Darm. Präbiotika wie resistente Stärken und Probiotika können zusätzlich das Wiederherstellen und den Erhalt der gesunden Darmflora fördern.

Außerdem brauchen die Betroffenen eine gute Versorgung mit Mikronährstoffen, die sie insbesondere während eines akuten Krankheitsschubs meist nicht ausreichend aufnehmen. Hierzu gehören Eisen, Calcium und Zink, Vitamin B12 und die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Über eine Blutuntersuchung kann der individuelle Bedarf abgeklärt werden.

Autorin:

Sabine Ritter

Apothekerin und Heilpraktikerin